Donnerstag, 14. August 2025

Die verzauberte Zwiebel

Ich habe euch ja vor einiger Zeit bereits von der Speichenhexe, welche in Breckerfeld ihr Unwesen trieb erzählt. 

Die ungute Frau hatte es ja auf Fuhrleute abgesehen. Wer nun glaubt, dass man als Fußgänger nicht nur etwas für die Umwelt tut, sondern auch vor besagter Hexe sicher ist, dem kann ich die folgende Geschichte erzählen:

In Breckerfeld gibt es den Epscheider Bach, an dem die Epscheider Mühle liegt. Dort führt über den besagten Bach eine Brücke. 

Der Held unserer Geschichte, ein Schmied, hatte den Abend im Wirtshaus verbracht, den einen oder anderen Krug geleert und sich nun, so gegen Mitternacht auf dem Weg nach Hause gemacht. 

Dabei überquerte er auch, leicht torkelnd, die Brücke, wo er von einer alten Frau angesprochen wurde:

"Du isst doch bestimmt gerne Zwiebeln. Schau mal, was ich hier für schöne große Zwiebeln habe. Möchtest du eine haben?"

Dabei hielt sie ihm ein wirkliches Prachtexemplar von einer Zwiebel hin. Nun sollten einem Frauen, die um Mitternacht in abgelegenen Gegenden Zwiebeln verschenken, suspekt vorkommen, unser Schmied kam aber wie bereits erwähnt, wie man hier sagt "angeschickert" aus der Dorfkneipe. 

Dem schönen Gemüse konnte er deshalb nicht widerstehen und nahm es dankend entgegen. 

Sobald er zu Hause war, wollte er sich noch einen kleinen Mitternachtsimbiss gönnen, griff  sich ein Messer und schnitt die Zwiebel in der Mitte durch. 

Da entsprang den beiden Hälften eine Unzahl von Fröschen und Kröten. Der Schmied erschrak fast zu Tode, fluchte laut und warf die beiden Hälften weit fort in den Bach. 

Wütend fluchte und schimpfte er auf die Hexe, die er in der Ferne schallend lachen hörte. 


Ob das wohl unsere bereits bekannte Speichenhexe war?  

Montag, 4. August 2025

Der große König, Juristen und Roben

In der letzten Woche habe ich mir aufgrund einer Empfehlung den Film "Der große König" angeschaut. 

Hier sollte deshalb mal wieder, ähnlich wie beim Hauptmann von Köpenick, der erste Teil eines Mehrteilers stehen. 

Es ging um den preußischen König Friedrich II., also um den "Alten Fritz", oder Friedrich den Großen. 

Der Film beginnt mit der Schlacht bei Kunersdorf, also mit einer vernichtenden Niederlage der Preußen.

Und kurz darauf schaue ich auch schon nach, wann der Film eigentlich gedreht wurde. 

1942, im Auftrag von Goebbels. Also ein so genannter Durchhaltefilm. Ich halte auch durch bis zum Ende. Es ist mir aber wirklich schwer gefallen.

Der König als armer geplagter "Führer". Die Schlacht nur verloren, weil die Soldaten nicht durchgehalten haben. Das Volk nicht standhaft. Die Nebenhandlung, ein tapferer Soldat, der sich ungerecht behandelt fühlt, die treue Ehefrau, die ihn zur Pflichterfüllung ermahnt. Am Ende stirbt er tapfer den Heldentod und die stolze Frau darf das Kind allein groß ziehen, alles wird gut. 

So ein....! 

Dazu noch ein fetter historischer Fehler. Fritzes Lieblingsneffe, Prinz Friedrich Heinrich Karl von Preußen, stirbt im Film als frisch ernannter Leutnant, noch vor der letzten siegreichen Schlacht von Schweidnitz, in Berlin an den Blattern. 

Tatsächlich starb Prinz Heinrich der Jüngere erst 1767, als frisch ernannter Generalmajor.

Ein bisschen Geschichtsfälschung, sonst wäre der Führer, äh der König natürlich, am Ende ja nicht so theatralisch einsam gewesen.

Mit dem Film möchte ich mich nicht weiter beschäftigen. Der Mehrteiler fällt deshalb aus! 

Stattdessen gibt es noch eine ganz kurze Geschichte. 

Friedrich II. war und ist ja bei Juristen nicht besonders gut angesehen.

Deshalb wird ihm auch gerne die "Erfindung" der Juristenrobe angedichtet. Die stammt aber gar nicht von ihm, sondern von seinem Vater, König Friedrich Wilhelm I. 

Der mochte Juristen auch nicht besonders und erließ am 15.12.1726 die folgende Kabinettsorder: 


“Wir ordnen und befehlen hiermit allen Ernstes, daß die Advocati wollene schwarze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen, unserer Verordnung gemäß zu tragen haben, damit man die Spitzbuben schon von weitem erkennt.”


Also nicht das 300 jährige Jubiläum im nächsten Jahr verpassen! 
Auf den o.g. Film könnt ihr dagegen ruhig verzichten. 

Samstag, 26. Juli 2025

Von Elefanten, Schwebebahnen und Eiffeltürmen

Für Morgen ist mal wieder ein Besuch in Wuppertal geplant und ich hoffe, dass ich auch Zeit für eine kleine Fahrt mit der Schwebebahn habe. 

Vor Jahren schon mal in einen anderen Blog einen Beitrag zur Schwebebahn geschrieben, den ich nun tatsächlich wiedergefunden habe. Er hat mittlerweile das stolze Alter von 12 Jahren. Wie die Zeit vergeht...

Ich saß damals zuhause, schnupfte Taschentücher voll, las Blogs, kramte in alten Bildern und stieß dabei auf einen Beitrag über Paris. 

Zu Paris fiel mir ein, dass ich auch schon mal dort war. Und eine kleine Geschichte zum Eiffelturm kenne ich auch. Und weil sich die Geschichte um Elefanten dreht, passte sie dann auch zur Schwebebahn in Wuppertal.



Der Eiffelturm, nicht 1948, sondern 1983. Von mir geknipst, aber ohne Elefant und ohne Zirkus



Und nun zur Geschichte:

1948 hatte der Circus Bouglione sein Zelt direkt unter dem Eiffelturm aufgebaut.
Ich war ja, wie erwähnt auch schon mal dort, allerdings ohne Zelt, kann Euch aber versichern, dass so ein Zelt locker darunter passt.
Eine der Attraktionen des Circus Bouglione war ein Elefant dessen Namen ich nicht kenne, von dem ich aber weiß, dass er mit seinen 85 Jahren der älteste Elefant der Welt gewesen sein soll.
Menschen machen ja sehr häufig komische Sachen mit Elefanten. Ich erinnere hier mal an die Elefantenkuh Tuffi, die zu Werbezwecken in die Wuppertaler Schwebebahn gestopft wurde.
Tuffi, beim Zirkus Althoff beschäftigt, wurde das nach der Abfahrt allerdings zu viel, sie rannte durch den Triebwagen durchbrach eine Seitenwand und plumpste in die Wupper.
Es waren zwar dutzende Fotografen anwesend, aus Panik drückte aber niemand auf den Auslöser. Deshalb gibt es vom Tuffi-Sprung nur eine schlechte Fotomontage. Und die Milchwerke Köln-Wuppertal verkauften ihre Produkte fortan unter dem Namen Tuffi.
Auch der Herr Bouglione, um auf den Eiffelturm zurückzukommen, hatte so eine merkwürdige Idee und verfrachtete, schon zwei Jahre vor Tuffi, seinen uralten Elefanten auf die erste Plattform des Turms.
Dabei ging alles glatt, weshalb sich im Gegensatz zu Tuffi auch niemand an den Namen des Elefanten erinnert.
Dafür dürfte er seit Errichtung des Turms der bis heute schwerste Besucher des Eiffelturms gewesen sein.
Den Circus Bouglione in Paris gibt es heute noch und er behauptet der älteste Zirkus der Welt zu sein. . Werbung zahlt sich eben manchmal aus.

Mittwoch, 16. Juli 2025

Die Kommunistenkurve

Ich habe am Montag eine "Dokumentation" gesehen.

Die Sendung lief vor über einem Jahr auf einem Privatsender und wurde anschließend vom Sender auch auf YouTube hochgeladen. Am Montag hat sie es dann aus irgendwelchen Gründen in meine Vorschlagsliste geschafft. 

Es ging um "geheime Plätze" in Dortmund. Wenn ich jetzt alle Fehler und falschen Behauptungen durchgehe, die da verbreitet wurden, wird das hier wieder ein Mehrteiler wie beim Hauptmann von Köpenick. Nur länger vermutlich. 

Ok, es gab drei "geheime Orte". Die Technik der LED-Bildschirme vom Dortmunder U ist jetzt nicht besonders versteckt und ob ein Sternekoch in einer ehemaligen Fabrikhalle ein überteuertes Menü auftischt ist jetzt auch nicht unbedingt ein Staatsgeheimnis. Eher versteckte Werbung. 

Aber den Beitrag mit der Kommunistenkurve fand ich interessant. Versteckt irgendwo in Dortmund, stehen halb von Erde bedeckt Denkmäler aus Sowjetzeiten. Die kennt dann auch niemand bis auf die bekannteste Stadtführerin von Dortmund. 

Was für ein....

Na ja, ich hatte davon schon einmal gehört. Die Dortmunder können die Kommunistenkurve auch nicht finden, weil sie gar nicht in Dortmund ist, sondern in der Nachbarstadt Lünen. 

Dort stehen die besagten Köpfe im Seepark und sind eigentlich vom Weg aus zu sehen und leicht zu finden. 

Also nichts mit großem Geheimnis. 

Und weil ich noch nie dort war, bin ich am Dienstag dann einfach mal dort hin gefahren. 

Mit Bus, Bahn und Schienenersatzverkehr habe ich es dann tatsächlich geschafft anzukommen, habe noch eine schöne Wanderung in Lünen gemacht und die alten Kommunistenköppe fotografiert. 





Und was hat es nun damit auf sich? 
Dort wo sich heute der Seepark befindet, war früher die Zeche Preußen. Die Zeche wurde bereits 1929 stillgelegt. Auf dem Gelände wurde ein Park errichtet, in dem 1996 die Landesgartenschau stattfand. 
Derweil standen im Standort Lünen der Hüttenwerke Kayser noch einige Denkmäler aus Sowjetzeiten herum, die dort eingeschmolzen werden sollten. 
Die damalige Lünener Bürgermeisterin, Christina Dörr-Schmidt, soll die Denkmäler entdeckt und die Idee gehabt haben, daraus eine Kunstinstallation zu errichten. Und so landeten Lenin, Engels und Genossen bei der Landesgartenschau in Lünen um dort den Niedergang der Sowjetunion und ihrer Ikonen und den damit verbundenen Personenkult zu symbolisieren. 
Und da stehen sie halt noch heute. 






Sollte mir also noch mal so eine Dummfugsendung aufgetischt werden, dann werde ich sie vermutlich wieder anschauen. Immerhin gab sie mir die Idee für eine schöne kleine Expedition ins Ruhrgebiet. 

Dienstag, 15. Juli 2025

Der Untergang von Pompeji

 




Ich gebe es ja zu! Die letzten Tage war ich ein  wenig schreibfaul.
Es drängte sich auch kein Thema auf. 
Jetzt habe ich in meinen Bilderarchiv aber ein paar Fotos von 2022 gefunden. 
Meine Frau war zur Kur in Bad Rothenfelde und ich habe sie am Wochenende dort besucht.
Die Gelegenheit haben wir dann genutzt und das Museum in Kalkriese besucht.
Wir erinnern uns:

Im Jahre 9 n. Chr. zog ein Herr Varus mit einer Reisegruppe von ca. 18.000 Römern hier durch um den germanischen Stämmen zu zeigen, wer der Chef ist.
Wie das ausging wissen wir alle.
In Kalkriese gibt es heute ein Museum zur Varusschlacht und dort gab es  eine Sonderausstellung zum Untergang von Pompeji.
Also nur Katastrophen dort zu sehen.

Damit währen wir dann beim Thema. 70 Jahre nach der Varusschlacht, also im Jahr 79 n. Chr. brach der Vesuv aus. Die Lavamassen verschütteten das antike Pompeji, sowie die Nachbarstädte Herculaneum und Stabiae. 
Schätzungsweise kamen dabei etwa 2000 Menschen ums Leben, während 18.000 noch fliehen konnten. 
Pompeji geriet im Laufe der Zeit weitgehend in Vergessenheit und wurde nur hin und wieder von Grabräubern besucht. 
Wissenschaftliche Ausgrabungen begannen offiziell am 6.April 1748, nachdem bereits seit 1709 Grabungen in Herculaneum durchgeführt wurden. 

Die Bilder oben zeigen drei Fundstücke aus Pompeji. 

Insgesamt gefiel mir die Sonderausstellung damals besser als das Museum. Ich schau mir halt gerne Artefakte an und bin nicht so der Freund von Animationen und moderner Museumspädagogik. 
Also liebe Museen: Zeigt wieder mehr Fundstücke und nicht dunkle Kästen, wo man reingreifen und Wolle ertasten kann (Hab ganz vergessen, wo das war!)!

So jetzt habe ich auch genug geschrieben um euch drei Bilder zu zeigen. Bis zum nächsten Mal! 

Dienstag, 8. Juli 2025

Die Speichenhexe

 Wo wir schon mal bei Hexen waren , kann ich auch gleich noch eine Geschichte nachlegen. 

Neulich war ich mit einem Kollegen in Breckerfeld wandern. Dabei gingen wir auf dem Rückweg auch über den Wengeberg und machten dabei ordentlich Höhenmeter. Der Wengeberg ist nämlich mit 442 Metern die höchste Erhebung im Ennepe-Ruhr-Kreis. 

Über den Wengeberg führt die gut ausgebaute Landstraße L528. Aber auch in früheren Zeiten gab es hier bereits eine Straße. 

Und eine Hexe! Nämlich die Speichenhexe, die hier an der Straße ihr Unwesen getrieben haben soll.

Ein Breckerfelder Bauer soll einst mit seinem Fuhrwerk, im dichten Nebel auf dem Weg nach Hause gewesen sein, als er aus dem Unterholz lautes Wimmern und Stöhnen hörte. Obwohl der Bauer wusste, das es am Wengeberg spukt, hielt er an und kletterte von seinem Kutschbock. Wenn ein Mensch in Not war, musste er helfen. 

Mühsam kämpfte er sich durch das dichte Gestrüpp, bis er plötzlich vor einer grausig aussehenden Hexe stand.

Wirre zottelige Haare, eine lange mit Warzen übersäte Nase, ein einzelner gelber Zahn ragte aus ihren vertrockneten Mund (Wie man sich eine Hexe der hässlichen Art halt vorstellt!).

"Hilf mir Bauer! Ich stecke in einer Astgabel fest! Hol deine Axt und befreie mich! Schlag mir das Bein ab, damit ich los komme!"

Unserem hilfsbereiten Bauern war das nun aber doch zu gruselig. Unter lauten Gezeter und Fluchen der Hexe machte er das er wegkam. Drei Tage hörte man die Hexe noch schreien und fluchen, dann war Stille.

Seit jenem Tag aber bleiben immer wieder Wagen ohne erkennbaren Grund auf der Straße stecken und lassen sich trotz aller Mühe nicht mehr fort bewegen. Als wäre der Wagen festgehext. 

So soll es dann auch einige Zeit später unseren bereits bekannten Bauern gegangen sein. Der hatte aber eine Idee:

Um seinen Wagen zu befreien zerschlug er mit der Axt eine Speiche des festsitzenden Wagenrades mit den Worten: "Du hast mich festgesetzt, darum zerschlag ich dir die Speiche jetzt!"

Und schon war der Wagen frei und der Bauer konnte weiter. 


Mit Ende der Pferdewagen ging dann wohl auch die Hexe in den Ruhestand. Am Wengeberg bleibt man in heutiger Zeit wohl nicht mehr so oft stecken. Und solltet ihr doch mal liegen bleiben, dann zerdeppert nicht eure Leichtmetallfelgen, sondern ruft einfach den Pannendienst. 

Samstag, 28. Juni 2025

Tam o`Shanter

 

Lust auf eine Hexengeschichte? 

Ja, ich habe eine. Sie basiert auf dem Gedicht "Tam o`Shanter" des schottischen Dichters Robert Burns (* 25. Januar 1759 in Alloway, Ayrshire; † 21. Juli 1796 in Dumfries, Dumfriesshire), das dieser im Jahr 1790 schrieb. 


Held dieser Geschichte ist der Bauer Tam, der den Markt in Ayr, einer Stadt in Südwesten Schottlands, besucht. 

Seine Frau wartet derweil zu Hause und zieht, zumindest in der Vorstellung Tams, die Stirn in Falten und pflegt ihren Groll. 

Tam ist nämlich in ihren Augen ein sehr lockerer Vogel, ein Nichtsnutz, Angeber und Kneipenhocker. 

So ganz unrecht scheint sie damit nicht zu haben. Tam säuft die ganze Saison durch an jedem Markttag. 

Die Ratschläge seiner Frau, die Gute heißt übrigens Kathy, beachtet er natürlich gar nicht.

Auch diesmal nicht. Schließlich hat er seinen Saufkumpel, den Schuster John, getroffen, sitzt in der Kneipe am warmen Kamin, trinkt außergewöhnlich gutes Bier und fummelt mit der Wirtin, während John dem Wirt wilde Geschichten erzählt. 

Währenddessen zieht draußen ein heftiger Gewittersturm auf. Es hilft alles nichts, Tam muss nach Hause!

Und das in einer Nacht, wo im wahrsten Sinne des Wortes, der Teufel los ist. 

So schwingt sich Tam schließlich trotz des Wetters auf sein treues altes Pferd Maggie und reitet heimwärts. Regen Sturm und Blitze ignorierend, zieht er sich die Mütze tiefer ins Gesicht und summt ein Liedchen. 

Hin und wieder schaut er sich aber wachsam um, als er sich der alten Kirche von Alloway, nähert. So manches Unglück hat sich hier schon ereignet und mancher kam dabei ums Leben. All das soll von der alten Kirche ausgehen, in der es spukt.

Als er an der Ruine vorbei kommt, ist diese tatsächlich hell erleuchtet und Tam hört den Lärm von lauten Singen und Tanzen. 

Alkohol macht mutig und Tam ist immer noch ausreichend betrunken, weshalb er zur Kirche reitet und neugierig einen Blick hinein wirft. 

Hexen und Warlocks (Hexenmeister) tanzen dort im Kreis. Der Teufel selber sitzt als schwarzer, zausiger Kater am Fenster. Dazu ertönt eine grausige Musik, Leichen liegen aufgebahrt herum und halten Lichter in den Händen. Das Skelett eines Mörders, an den Altar gekettet, ein frisch vom Strick geschnittener Dieb und allerlei benutzte und blutige Mordwerkzeuge sind zu sehen.

Tam kann es nicht fassen und schaut sprachlos zu. Da wird die Musik schriller und schneller, der Tanz wird wilder, die Tanzenden reißen sich die Kleider vom Leib, tanzen im Unterhemd weiter und Tam ist begeistert von den heißen Hexenweibern. Die alten und hässlichen, die in der Halle auf ihren Besen herumfliegen ignoriert er natürlich. 

Er hat nämlich, genau wie Satan übrigens,  nur noch Augen für die Junghexe Nannie. Die wurde gerade erst in den Hexenzirkel aufgenommen und gibt zur Feier des Tages alles. 

Nannie ist im ganzen Land berühmt und berüchtigt. Kühe und Pferde soll sie tot schießen, Boote versenken und Bier und Whisky säuft sie wie kaum ein Mann. 

Jetzt trägt beim Tanzen nur noch ein Hemdchen, dass sie als Kind schon hatte und das für sie mit der Zeit doch schon arg kurz geworden ist. 

Vergessen sind Eheweib, Wirtin und alles andere. Tam verliert den Verstand applaudiert und brüllt laut "Bravo!"

Schlagartig wird es dunkel. Auch Tam dämmert nun trotz Trunkenheit, dass er da wohl einen kleinen Fehler begangen hat, befürchtet, dass er Kathy nie wiedersehen wird, und tritt eiligst den Rückzug an. 

Aber kaum hat er sich aufs Pferd geschwungen naht auch schon voller Mordlust die Höllenmeute, allen voran die stinkwütende Nannie. 

Tam feuert sein Pferd an und Maggie gibt alles. Wenn er die Brücke über den Doon erreicht, hat er gewonnen. Dort verliert der Spuk seine Macht. 

Kurz vor der Brücke bekommt Nannie Maggies Schweif zu packen. Aber ein letzter Sprung und Maggie ist auf der Brücke. Allerdings ohne Schweif. Den hat Nannie noch in der Hand. 



Tam o'Shanter at the Brig o'Doon. G.Cook, 1881


Und die Moral von der Geschichte? Da zitiere ich mal aus einer der deutschen Übersetzungen: 


"Wer immer die Geschichte liest,

Hab acht, damit du’s nicht vergisst:

Wann immer dich die Drinks verwirrn,

und Nannies sausen durch dein Hirn,

Ist solche Lust des Preises wert ?

Vergiss nie Tam o‘ Shanters Pferd!"



Noch eine kleine Anmerkung zum Schluss: 

Nannie wurde zur Vorlage der Gallionsfigur des Teeklippers Cutty Sark. Der Name des Schiffes bedeutet so viel wie "Süßes..." oder "Kurzes Hemdchen". 
Am Bug ist die Figur der Nannie zu sehen, sehr spärlich mit einem kurzen Hemd bekleidet und mit einen Schweif in der Hand.

Damit verabschiede ich mich mal für heute, wünsche euch noch ein schönes Wochenende und hoffe ihr schaut mal wieder rein! 


Freitag, 20. Juni 2025

Der Hauptmann von Köpenick (11)

 Voigt landet erst einmal wieder hinter Gittern.


"Ich wurde kurze Zeit, etwa zehn Tage, nachdem das Urteil rechtskräftig geworden, zur Verbüßung meiner Strafe in die Gefangenschaft nach Tegel überführt.


Schon am Nachmittag desselben Tages besuchte mich der Direktor, und die ersten Worte, die er an mich richtete, sind mir heute noch gegenwärtig: »Nun sind Sie also nach langer Irrfahrt hier gelandet!«

»Jawohl, Herr Direktor«, antwortete ich, »aber an welchem Ufer!«

Es ist mir sehr erfreulich, hier sagen zu können, dass die Gefängnisanstalt Tegel, sowohl was die Beamtenschaft anlangt wie in Bezug auf Pflege und Fürsorge, geradezu mustergültig genannt zu werden verdient. Gerade ich konnte dies am besten beurteilen."
(1)


Voigt ist nun berühmt und hat viele Fans. 

Eine Frankfurter Zeitung hat für ihn gesammelt und er bekommt nach seiner Haftentlassung 2000.- Mark und eine Dame aus den "allerersten Kreisen" Berlins soll ihn eine Rente von monatlich 100.- Mark zugesichert haben. Behauptet Voigt. Es könnte sich hier um Gertrud Wertheim gehandelt haben, der Frau von Wolf Wertheim, eines Unternehmers und Bruder des Warenhausbesitzer Georg Wertheim. 

Das Gerücht über seinen "Reichtum" macht die Runde und Voigt bekommt Bettelbriefe. Aber auch sonst bekommt er viel Fanpost. 

Nach zwei Jahren Haft wird er begnadigt und auf Befehl des Kaisers sofort entlassen. Völlig überraschend, an einen Sonntag und ohne dass die Öffentlichkeit davon weiß., darf Voigt gehen. Und weil ja Sonntag ist, der Kassenbeamte und andere Beamte nicht im Dienst sind, leiht ihm der stellvertretende Sekretär eine Mark.


"Mit einem gewissen Wohlbehagen durchschritt ich die Straßen des Vorortes und freute mich an den wandernden, fröhlichen Menschen.

Ich wusste, mit welcher Teilnahme mein Ergehen in Tegel und meine Freilassung in der Welt verfolgt wurde.

War es mir doch zu Ohren gekommen, dass viele meiner Freunde sich verabredet hatten, am Tage meiner Freilassung vor den Toren des Hauses auf mich zu warten und mich abzuholen.

Hatten sich doch schon einmal früher, als das Gerücht verbreitet wurde, ich würde freigelassen, Hunderte von Menschen eingefunden, die mich sehen wollten.

Und heute?
Keiner von diesen Menschen dachte daran, dass ich unter ihnen wandelte, und so konnte ich unbelästigt das heitere Leben, das an schönen Sonntagen die Vororte von Berlin durchflutete, genießen.
Diese erste Stunde der Freiheit, die direkt der Gnade entflossen, unerwartet und doch so erwünscht kam, kann ich mit Worten nicht schildern! So etwas muss man erlebt haben!
" (1)


Voigt geht erst einmal zu seiner Schwester, die ist aber nicht zu Hause. Also besucht er zunächst seine ehemalige Verlobte und weitere Bekannte. 

Sein nächster Weg führt ihn dann auch schon zur Redaktion der Zeitung "Die Welt am Montag. 

Voigts weitere Karriere wird hier schon deutlich. Er wird "Influencer", nur halt mit den Mitteln von 1908.


"Aber schon war Frau Fama geschäftig gewesen. Alle Welt wusste von meiner Befreiung. Und bald hatten sich denn auch die Pioniere der modernen Zivilisation, die Amateurphotographen und Photographen vom Fach eingestellt; und während ich den Fuß auf den Tritt der Droschke stellte, waren bereits eine Anzahl von Objektiven auf mich gerichtet, um diesen denkwürdigen Moment zu verewigen.

Schon am frühen Morgen hatte die Post eine große Anzahl Briefe für mich gebracht, und ich wollte die Muße der Fahrt dazu benutzen, um sie auf dem Wege zur Stadt zu lesen.

Als ich aber einen Augenblick hinter mich schaute, sah ich, wie die Photographengesellschaft im Auto hinter mir herfuhr, an jedem Haltepunkt umstellten sie meine Droschke so, dass mein Kutscher nicht losfahren konnte, die Zwischenzeit benutzten sie, um mich in allen möglichen Stellungen aufzunehmen. Ich habe ziemlich drei Stunden gebraucht, bis es mir endlich gelang, ihren Glasaugen zu entkommen."



Friedrich Wilhelm Voigt, 1910.


Voigt veröffentlicht die von mir hier häufig zitierte Autobiografie. Er hält Vorträge, verkauft Postkarten mit seinem Bild und bringt es tatsächlich zu einigen Wohlstand. 
Damit kommt er aber nicht überall gut an. 
Paul Lindau zum Beispiel:

"Leider ist die Freude, die wir alle über die glückliche Wendung im Leben des köstlichen Hauptmanns empfunden haben, nicht ungetrübt geblieben. Wilhelm Voigt, so standhaft und aufrecht im Unglück, in der Ächtung – im Glück ist er getaumelt, die Höhenluft der Anerkennung hat er nicht vertragen können. Schon in den letzten Monaten seiner Gefangenschaft hat er eine Albernheit begangen, die einen fatalen Reklameduft ausströmte. Um die Sympathien für den wieder Verurteilten zu stärken und zu mehren, hatte eines unserer angesehensten Blätter die von Voigt in der Untersuchungshaft verfasste Selbstbiographie veröffentlicht, die der Angeklagte wohl zur Verlesung in der öffentlichen Sitzung bestimmt und der Verteidigung zur Verfügung gestellt hatte. Davon konnte indessen Abstand genommen werden. Die Haltung des Gerichtshofs stellte außer aller Frage, daß Voigt es diesmal mit weisen und gerechten Richtern zu tun hatte. Aber gerade, weil auch diese ihn verurteilen mussten, konnte eine nachträgliche Veröffentlichung des rührenden Elaborats, das die öffentliche Meinung nur noch mehr für den Verurteilten einzunehmen geeignet, von Nutzen sein.

Was tat nun Voigt? Anstatt sich für diesen Beweis freundlichster und wohlwollendster Gesinnung erkenntlich zu zeigen, machte er sich durch die kindische Drohung lächerlich, dass er, sobald er auf freiem Fuße wäre, die Redaktion wegen unbefugten Nachdrucks belangen werde!

Nach wiedererlangter Freiheit aber trieb ihn der in ihm aufgekeimte und nun üppig wuchernde Größenwahn zu einer Geschmacklosigkeit nach der andern. Er wollte sich – so in einer Art von Barnumschem -, oder Hagenbeckscher Raubtierschau – von Leuten, die »um das Rhinozeros zu sehen« keine Ausgaben scheuen, für Geld und gute Worte in Tingeltangels besehen lassen. Hat's vielleicht auch getan. Aber das unwürdige Handwerk ist ihm, wenn ich mich recht erinnere, wohl gelegt worden; oder es hat ihn aufgegeben. Ich weiß nicht genau. Er hat, glaube ich, mit seinen Postkarten gehandelt, gelegentlich durch seinen »Sekretär« die Zeitungen mit Berichtigungen gelangweilt und andere Torheiten der Art begangen. Der Mann hat mich in dieser Phase seiner Entwicklung nicht mehr interessiert. Wäre er doch der herrliche Hauptmann von Köpenick geblieben! 
Nun, solange es Menschen gibt, die für urkräftige Komik Sinn haben, wird er es bleiben. Das unsinnige Nachspiel wird man vergessen und nur eine unbestimmte Erinnerung daran bewahren, dass die zunächst erschütternde menschliche Tragödie nach ihrem komischen Höhepunkt einen zwar matten, aber doch versöhnlichen Schluss gehabt hat." (2)

Da war der Herr Journalist wohl ein wenig verärgert. Dabei hat seine Zeitung doch bloß Voigts Urheberrecht verletzt. Und dann will Voigt auch noch Geld mit seiner Geschichte verdienen? Unerhört!

Das macht er aber auf jeden Fall. Für eine Grammophonaufnahme bekam er 200.- Mark und im Berliner Wachsfigurenkabinett wurde seine Figur ausgestellt. Zumindest auf seinen Postkarten und Fotos trägt er auch wieder Uniform.


Wilhelm Voigt in Uniform. 

Die Originale kann es ja nicht sein, denn die wurde, wie wir uns erinnern ja eingezogen. Die Bilder kann man deshalb auch nicht zur Beurteilung heranziehen, wie glaubhaft Voigt als Hauptmann wirkte. 
Nicht nur dem Herrn Lindau, sondern auch der preußischen Obrigkeit gefällt sein Auftreten nicht unbedingt. Voigt steht ja weiterhin unter Polizeiaufsicht und dass eine oder andere Mal soll er auch verhaftet worden sein. 
Voigt trat deshalb zunehmend im Ausland auf und zog schließlich 1910 nach Luxemburg. 
Voigt war wohlhabend geworden und kaufte ein Automobil und ein Haus. 
Dann brach der 1. Weltkrieg aus und Voigt verarmte wieder. Er starb am 3. Januar 1922 im Alter von 72 Jahren an einer Lungenerkrankung. 

Noch einmal soll er da den Hauptmann gegeben haben. Der Trauerzug soll einen Trupp Soldaten begegnet sein. Der Offizier fragte, wer da beerdigt würde. Ihm wurde auf französisch geantwortet :"Le Capitaine de Coepenick!"
In der Annahme, dass es sich um einen echten Hauptmann handelt, wies der Offizier seinen Trupp an, den Zug mit einer militärischen Ehrenbezeugung passieren zu lassen. 

Und in Köpenick? Da gibt es im Rathaus eine Dauersaustellung zum Hauptmann. 

Ende


(1) Voigt, Wilhelm. Wie Ich Hauptmann von Köpenick wurde. Julius Püttmann, 1909

(2) Paul Lindau, Ausflüge ins Kriminalistische, Albert Langen, 1909

Mittwoch, 18. Juni 2025

Der Hauptmann von Köpenick (10)

Ursprünglich ging es hier ja um den Film von 1931. Also mal zurück zum Thema, bevor ich auf Voigts weiteres Leben eingehe. 

Wie bereits erwähnt habe ich den Film gesehen, bevor ich hier angefangen habe zu schreiben Dann noch einmal. Dann den Film mit Heinz Rühmann. Dann den mit Rudolf Platte und schließlich den mit Harald Juhnke. 

Zwei Hörspiele zum Thema, wobei eines nur Ausschnitte aus dem Film mit Rudolf Platte enthielt, habe ich mir angehört und Zuckmayers Stück als Taxt habe ich kurz überflogen. 

Und jetzt zähle ich mal auf, welche Szenen mir im Film gefehlt haben:

1.

Vor dem Einbruch in die Polizeistation übernachten Voigt und Kalle in einer Obdachlosenunterkunft, da beide kein Geld haben. Die Essensmarken leihen sie sich. Einer der Obdachlosen, Louis Gebweiler,  möchte, dass das Licht ausgemacht wird. Weil sich aber einige Insassen nicht daran halten und Skat spielen, kommt eine Patrouille zur Kontrolle. Gebweiler wird als Deserteur erkannt und verhaftet. 

Die Szene fehlt auch im Film mit Heinz Rühmann, ist aber im Film mit Rudolf Platte vorhanden. 

2.

Das Ehepaar Hoprecht, also Voigt Schwester und sein Schwager, haben ein schwerkrankes Mädchen namens Lieschen aufgenommen. Wilhelm Voigt verbringt Zeit mit ihr, liest ihr Märchen vor und erzählt ihr Geschichten aus seinen Leben.  Lieschen stirbt schließlich. 

Die Szenen sind im Film mit Heinz Rühmann enthalten. 

3.

Beim Kaisermanöverball trägt Wormsers Tochter Auguste die Uniform, trinkt Sekt und singt ein selbst komponiertes Lied. Sie flirtet mit Rittmeister von Schleinitz. 

Wormsers Sohn kippt Flaschen und Gläser um. Die Uniform wird dabei verschmutzt und soll nun zum Trödler. 

Auch diese Szene ist im Film mit Heinz Rühmann enthalten. 

4.

Mit der Hauptmannsuniform im Gepäck geht Wilhelm Voigt in den Park von Sanssouci und setzt sich auf eine Bank. 
Er beobachtet Offiziere, die sich über das Militärwesens austauschen, sowie Kindermädchen, die sich offensichtlich für die Offiziere interessieren. 
Mit einem Invaliden kommt er ins Gespräch. Als sich zwei Damen nähern, steht Voigt in militärischem Stil auf und macht ihnen Platz.

5.
Im Rühmann-Film wird die Geschichte noch ein wenig fortgesetzt bis zur Haftentlassung. 


Auch wenn ich einige Szenen, die in späteren Filmen zum Teil vorkommen, vermisst habe, hat mir der Film trotzdem gefallen. 
Und Max Adalbert als Hauptdarsteller war einfach großartig. 


Ende Teil 10





Dienstag, 17. Juni 2025

Der Hauptmann von Köpenick (9)

 Im Film stellt Voigt sich selbst, in seinem Buch beschreibt er, dass er verraten wurde und man ihn nie gefunden hätte, wenn es keinen "Judas" gegeben hätte. 


Dann wollen wir doch mal einen kurzen Blich auf die Ermittlungen der Berliner Kriminalpolizei werfen:

Das "Kalle" zur Polizei gerannt und ihn angeschwärzt hätte, stimmt nämlich so nicht. Das behauptete später nur Voigt.

Tatsächlich hatte der Herr Hauptmann Spuren hinterlassen. So konnte man ermitteln, dass er am Bahnhof Köpenick ein Ticket zweiter Klasse zum Schlesischen Bahnhof gekauft hatte. Er stieg aber schon in Rietz aus, vermutlich, weil ihm der Schlesische Bahnhof zu unsicher schien. 

Man fand wie erwähnt seinen Säbel und die weggeworfenen Uniformteile. So fand man auch heraus, wo Voigt die Uniform gekauft hatte. 

Und dann kaufte er auch noch nach der Tat Zivilkleidung und neue Schuhe. Dabei verhält er sich auch noch auffällig, indem er sich im Kleidungsgeschäft, vermutlich aufgrund der groben und schmutzigen Unterwäsche, weigert den Uniformrock zur Anprobe auszuziehen. Statt dessen lässt er nur Maß nehmen und nimmt dann einen Anzug mit, obwohl die Ärmel vermutlich zu lang sind. 

Im Schuhgeschäft ließ er die alten Schuhe zurück, gab an, er sei der Hauptmann von Mahlzahn und sein Bursche würde die alten Schuhe abholen. Und dann will er auch noch mit einen auffälligen großen Geldschein aus der Beute bezahlen. Der ist beschädigt und könnte wiedererkannt werden. Voigt wollte ihn loswerden. Den Schein konnte der Schuhmacher aber nicht wechseln, weshalb er dann doch mit passenden Kleingeld bezahlt. 

Unauffällig verhalten geht anders. 

Da hätte er gleich sagen können: "Prägen sie sich mein Gesicht gut ein! Sie werden von der Polizei noch als Zeuge gebraucht!"

Trotz der hohen Belohnung passierte aber erst einmal nichts weiterführendes. Die Annahme, dass der Hauptmann von Köpenick aus Berliner Verbrecherkreisen stammte, traf nämlich nicht zu. Voigt hielt keinen Kontakt zu Berliner Kriminellen.   

Das große Interesse an dem Fall führte aber zunächst zu vielen falschen Hinweisen. Auch Unschuldige wurden festgenommen und wieder laufen gelassen.

Voigt blieb währenddessen, unter dem Vorwand krank zu sein, zu Hause und ließ sich Essen und Getränke aufs Zimmer bringen. 

Klüger wäre es natürlich gewesen aus Berlin zu verschwinden, aber Voigt unterschätzte die Polizei und fühlte sich sicher. Er glaubte einfach nicht daran, dass man ihn  auf die Schliche kommen würde. 

Betraut mit dem Fall war der Berliner Kriminalkommissar Wehn. Und der hielt an der Überzeugung fest, das der Hauptmann von Köpenick ein routinierter Verbrecher sein müsse. Weil die vielen falschen Hinweise aus Berlin nicht weiterführten schrieb Kommissar Wehn alle Gefängnisse in Deutschland an. 

Aus dem Zuchthus Rawitsch (heute Rawicz, Polen), erhielt er schließlich die Nachricht, dass Voigt, der eine gewisse Ähnlichkeit mit der Beschreibung hatte, dort eingesessen hätte. 

Auf Nachfragen im Gefängnis meldete sich dann auch Kallenberg, der aussagte, dass Voigt eine Sache mit dem Militär "drehen" wollte.

Wehn folgte nun den Spuren Voigts und traf auf dessen ehemaligen Arbeitgeber in Wismar. Der besaß tatsächlich ein Foto von Voigt. Dieser hatte sich zusammen mit seiner Schwester fotografieren lassen und das Bild seinen ehemaligen Meister in "dankbarer Verehrung" geschickt. 

Wehn  ließ das Bild kopieren und legte es den Zeugen vor. Voigt hatte sich zwar den Vollbart abrasiert, den er auf den Bild noch trug, aber der Verkäufer der Uniform erkannte ihn  sofort wieder. 

Die Polizei, es war nun der 25. Oktober 1906, war sich nun sicher, dass Voigt der Hauptmann von Köpenick war, konnte ihn aber weder bei seiner Schwester, noch bei einer Braut aufgreifen. 

Beide sagten aber aus, dass er in Berlin wohnen würde. Die genaue Adresse würden sie nicht kennen, gaben aber an, dass es sich um ein Haus in der Langen Straße handeln würde, wo Voigt in der 4.Etage wohnen würde.  

Die Polizei fand schnell heraus, dass zwei Schlafburschen bei einer Familie in der vierten Etage des Hauses 22 wohnten. 

Das Haus wurde umstellt. Um eine Flucht über die Dächer zu verhindern wurde auch ein Posten an der Dachluke aufgestellt. 

Dann trat die Polizei in das Zimmer ein. Voigt saß hinter dem Tisch auf einen Sofa und frühstückte. 

Einer der Beamten schob daraufhin sofort den Tisch gegen Voigt, so dass er nicht aufstehen konnte, andere Beamte besetzten das Fenster. 

Er wurde mit Namen angesprochen und ihm vorgehalten, dass er der Hauptmann von Köpenick sei. Voigt wagte nicht mehr zu widersprechen.

Er bat lediglich darum, dass er zu ende frühstücken dürfe. Das wurde ihm gestattet. Währenddessen wurde die Wohnung durchsucht. 

Dabei wurde der irrtümlich gekaufte Kavalleriesäbel, ein Teil der Beute, die sich noch in einen Beutel mit Köpenicker Siegel befand und die neuen Kleidungsstücke gefunden. Den beschädigten 50.- Mark-Schein fand man in seinem Portemonnaie. 

Voigt stellt seine Verhaftung ein wenig anders dar:

"Die Polizeibehörde war, als sie mich in meiner Wohnung aufsuchte, noch keineswegs davon überzeugt, dass ich wirklich der Hauptmann von Köpenick wäre. Ich wurde deshalb in freundlicher Weise gebeten, zwecks einer Unterredung mit nach dem Polizeipräsidium zu fahren. Von einer Verhaftung in meiner Wohnung ist nie die Rede gewesen, sie konnte auch nicht stattfinden, bevor festgestellt war, dass ich wirklich der Täter war.

Der Ruhm, den sich die Polizeibehörde aus meiner Entdeckung holen wollte, gebührt ihr in diesem Falle keineswegs. Auf dem Polizeibüro gestand ich sofort zu, dass ich der Hauptmann wäre.

Der Chef der Kriminalpolizei verhandelte in der freundlichsten Weise mit mir. Nur als die Herren in etwas freier Weise sich über die Köpenicker lustig machen wollten, erklärte ich ihnen mit dürren Worten, dass es den Herren von der Polizei genau ebenso ergangen wäre, wenn es mir gefallen hätte, auf das Berliner Polizeipräsidium zu kommen!" 
 (1)

Auch hier schwindelt unser Hauptmann mal wieder ein wenig.
Voigt ist nun verhaftet und landet in Untersuchungshaft. 

"Ich wurde nun zunächst ins Untersuchungsgefängnis überführt. Die Staatsanwaltschaft glaubte in mir so einen recht schweren Verbrecher zu finden, aber schon nach meiner ersten Vernehmung ließ sie den Glauben fahren und trat weit weniger zuversichtlich in die Ermittlungen ein, weil ein Paragraph im Strafgesetz nicht vorhanden war, nach welchem meine Tat zu bemessen gewesen wäre."

Na ja, da gab und gibt es doch einige.

Das Urteil des Landgerichts Berlin II – "Im Namen des Königs!" – in der Strafsache gegen Voigt vom 1. Dezember 1906 (Az. II 2 f. L. 3 Nr. 58.06) erkannte für Recht:

"Der Angeklagte ist des unbefugten Tragens einer Uniform, des Vergehens wider die öffentliche Ordnung, der Freiheitsberaubung, des Betruges und der schweren Urkundenfälschung, alles verübt im rechtlichen Zusammenhang, schuldig und wird deshalb zu einer Gefängnisstrafe von 4 – vier – Jahren verurteilt. Er trägt die Kosten des Verfahrens. Die von dem Angeklagten bei der Straftat getragenen militärischen Ausrüstungsgegenstände werden eingezogen."

Voigt hatte sich sich in Teilen schuldig bekannt, aber den Betrug und die Urkundenfälschung bestritten. Dabei blieb er auch später noch. 

Nach zwei Jahren Haft wurde er vom Kaiser begnadigt. 



Ende Teil 9


(1) Voigt, Wilhelm. Wie Ich Hauptmann von Köpenick wurde. Julius Püttmann, 1909





Freitag, 13. Juni 2025

Der Hauptmann von Köpenick (8)

Im Film treffen mittlerweile die Wagen mit den Gefangenen vor der Neuen Wache in Berlin ein. 

Eine kleine Anmerkung zur Neuen Wache, die sich in der Straße Unter den Linden 4 befindet:

Es handelt sich um ein  klassizistisches, von Karl Friedrich Schinkel entworfenes Wachgebäude für das königliche Palais, welches zwischen 1816 und 1818 erbaut wurde. Das Gebäude wurde im 2.Weltkrieg zerstört, aber zwischen 1951 und 1957 wieder aufgebaut. Heute befindet sich in der Neuen Wache die Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.

Der Wachtmeister macht Meldung: "Ich bringe die Gefangenen! Wo ist der Wachhabende?"

Es erscheint ein Leutnant.

Wachtmeister: "Bürgermeister Obermüller, Stadtkämmerer Rosenkrantz auf allerhöchstem Befehl als Gefangene abzuliefern!"

"Na, zeigen se mal her!" 

Der Wachtmeister lässt Bürgermeister und Stadtkämmerer im Kommandoton antreten. 

Der Leutnant fordert den Wachtmeister auf mal seine Order zu zeigen. Die hat er natürlich nicht. 

"Sie müssen doch einen Haftbefehl haben!"

Hat er auch nicht. "Herr Hauptmann haben alles mündlich angeordnet." 

Wird sich alles finden. 

Voigt hat sich mittlerweile in der Bahnhofstoilette wieder umgezogen und die Gefangenen erfahren, dass sie einen Bubenstreich zum Opfer gefallen sind. 

Stadtkämmerer: "Das ist ja empörend! Damit kann man sich doch die ganze Karriere versauen!"

Voigts Soldaten treffen nun auch ein. "Ein Gefreiter, acht Mann aus Köpenick zurück!"

"Scheren sie sich raus!"

Der Oberst entschuldigt sich beim Bürgermeister. Der nickt und meint: "Die Öffentlichkeit wird sich mit dem Fall noch zu beschäftigen haben!"

Oberst: "Das glaube ich auch."

Obermüller geht und die Offiziere beginnen zu lachen. Das Gelächter wird direkt in der nächsten Szene fortgesetzt. Die Gäste eines Cafes amüsieren sich prächtig. Die Zeitung mit dem Artikel über den Hauptmann von Köpenick verkauft sich prächtig. Voigt, der sich dort aufhält, verlässt nervös das Lokal. 

An einer Litfaßsäule liest ein Bürger einen Steckbrief vor. Die Umstehenden lachen und Voigt fällt mit ein. 

Die Presse, auch die internationale berichtet, der Kaiser lacht und die Polizei ermittelt. 

"Schon wieder ein Hauptmann von Köpenick verhaftet!" Der 42. (Da hätten wir wieder die Antwort auf die „endgültige Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest" Aber das ist eine andere Geschichte.)

Voigt geht nun zur Polizei. Sein Angebot: Er liefert den Hauptmann von Köpenick und bekommt dafür einen Pass. 

Der Pass wird versprochen, Voigt stellt sich. 

Alle, auch der Polizeipräsident sind freundlich. Voigt bekommt einen eingeschenkt und wird betrunken. 

"Wie kamen sie denn auf Köpenick?"

"Das war das nächste auf der Bahnstrecke."

Aber wenn er ja gewusst hätte, dass es dort keine Pässe gibt, dann wäre er nach Teltow aufs Kreisamt. 

Voigt verteidigt auch den Bürgermeister: "Das wäre ihnen allen ganz genau so passiert. Das liegt in der Natur der Sache."

Voigt soll die Uniform noch mal anziehen: "Ach lassen se mal! Der Mantel genügt! Die Uniform habe ich gar nicht darunter angehabt.".

In den späteren Filmen zieht Voigt übrigens die Uniform an.

Voigt erklärt, warum er nicht mit dem Geld abgehauen ist und schwärmt von der Zeit nach seiner Haftentlassung. Der Film endet hier mit seinem Schlussmonolog. 

Der Film ist nun zu Ende und ich bin mir nicht sicher, ob ich vielleicht eine gekürzte Fassung gesehen habe. 

Der Film war nämlich nur 81 Minuten lang. Im einen der nächsten Teile werde ich mal aufzählen welche Szenen  ich so vermisst habe


Die Offiziere, die sich schließlich in der Neuem Wache mit dem "festgenommenen" Bürgermeister Dr. Langerhans beschäftigten, waren übrigens der Generaladjutant Graf von Moltke und Major Prinz Joachim Albrecht von Preußen, der gleich mit einen Kriminalbeamten erschien. 

Aber zuerst mal zurück zum echten Voigt. Der beschreibt den weiteren Verlauf so:


"Ich ging dann zu Fuß zum Bahnhof und fuhr mit dem Zuge nach Berlin. 
Hier begab ich mich zunächst in ein der »Neuen Wache« nahegelegenes Café, denn ich war selbst begierig, zu erfahren, welchen Verlauf die Dinge in Berlin nehmen würden. Ich sah von hier aus mit an, wie die Wagen in Berlin eintrafen.

Als ich nach dem Eintreffen des Bürgermeisters vor der »Neuen Wache« erkannt hatte, dass meine Befehle pünktlich ausgeführt waren, verschaffte ich mir einen Zivilanzug und kleidete mich dann sofort um, so dass ich unbemerkt in der späteren Abendstunde meine Wohnung wieder erreichen konnte."
(1)

Soll man dass glauben? Anstatt die Uniform möglichst schnell loszuwerden und unterzutauchen, spielt Voigt weiter den Hauptmann, geht sogar in Berlin in ein Café und beobachtet die Ankunft des Bürgermeisters?

Ich habe da so meine Zweifel.

Seinen Säbel fand man zumindest in der Bahnhofstoilette der Kleinbahn von Mittenwalde. Einzelne Teile der Uniform wurden auf dem Tempelhofer Feld gefunden. 

Keinen Pass erbeutet und sich dann selber gestellt um doch noch einen zu bekommen? Tja, ein deutsches Märchen. Dieser ganze Teil ist von Zuckmayer frei erfunden, 

Die Ermittlungen der Polizei sind schließlich  erfolgreich. Voigt wird verraten. Ausgerechnet von seinen Kumpel und Zellengenossen "Kalle".

Einen Abschnitt seines Buches nennt Voigt deshalb auch "Der Verräter".


"Ich hatte keine Veranlassung zu glauben, dass meine Entdeckung durch die Ermittlung der Polizei erfolgen würde, denn ich war den Personen, mit denen ich in Berührung gekommen war, persönlich unbekannt. Selbst meine Hausgenossen konnten keine Ahnung davon haben, dass ich in irgendeiner Beziehung zu der Köpenicker Affäre gestanden hätte.

Ich bin wiederholt an den Litfaßsäulen gewesen und habe dem Publikum Proklamationen der Behörde vorgelesen.

Die Behörde würde auch den »Hauptmann von Köpenick« noch heute vergeblich suchen, wenn sich nicht ein Judas gefunden hätte, der den ausgesetzten Lohn von dreitausend Mark sich verdienen wollte." (1)

Und woher Kallenberg das wusste?

"Vor etwa sieben Jahren hatte ich im Gespräch mit Gefangenen, die sich darüber unterhielten, wie schwer es sei, mal ein ordentliches Geschäft zu machen, weil man so selten genügend Leute zusammenbekommen könnte, auf die wirklich Verlass wäre, geäußert: »Ihr Einfaltspinsel, wenn ich mich zu derartigen Sachen hergeben wollte, dann würde ich mir einfach Soldaten von der Straße holen!«

Diese hingeworfene Bemerkung hatte sich mein lieber Freund Kallenberg gemerkt. Jetzt war eine derartige Sache wirklich ausgeführt worden, und da entsann er sich sofort unserer damaligen Unterredung.

Er machte von diesem seinem Wissen der Behörde Mitteilung. Da ich stets angemeldet gewohnt habe und auch der Arbeitsplatz, auf dem ich beschäftigt war, den Behörden bekannt war, so war es leicht, meinen Aufenthaltsort festzustellen."
(1)

Nein, nein! Auch das glaube ich nicht. Eine hingeworfene Bemerkung und Kalle kann sich 7 Jahre später noch erinnern? 

Und man würde ihn ohne den "Judas" immer noch vergeblich suchen? Auch hier ein klares "Nein!". 



Ende Teil 8



(1) Voigt, Wilhelm. Wie Ich Hauptmann von Köpenick wurde. Julius Püttmann, 1909, S.107 ff..


(2) Klaußmann, Anton Oskar. Der Falsche Hauptmann von Cöpenick. Verlagshaus für Volksliteratur und Kunst, 1906



Samstag, 7. Juni 2025

Der Hauptmann von Köpenick (7)

Jetzt habe ich den Teil beendet, welcher mir in der Serie bisher am schwersten fiel. Teil 6 umfasste die eigentliche Tat. 

Der Film bleibt hier übrigens sehr nah bei den tatsächlichen Begebenheiten. 

In diesem Teil stellt Zuckmayer auch, ganz gesellschaftskritisch, den Unterschied zwischen den "Ungedienten" und den "Gedienten" am deutlichsten heraus. 

Die "Ungedienten", z.B. Frau Bürgermeister und der Mitarbeiter des Stadtkämmerers verhalten sich durchaus skeptisch gegenüber dem Hauptmann, während die Reserveoffiziere und der Wachtmeister fast ohne Widerspruch Folge leisten.

"Befehl ist Befehl!"

Einmal wird es im Film sogar noch kritisch für Voigt, als Frau Bürgermeister die Soldaten fragt, was das überhaupt für ein Hauptmann sei.

Man könnte jetzt unterstellen, das Voigt gescheitert wäre, wenn der Bürgermeister und der Stadtkämmerer nicht gedient hätten. 

Die Moral von der Geschichte nach Zuckmayer: Wer nicht gedient hat ist schlauer!

Zurück zu den Tatsachen:

Voigt schreibt in seinem Buch, dass er im Rathaus zuerst auf einen Ortsgendarmen traf, den er zum Dienst verpflichtete. Dann suchte er den Stadtsekretär auf, der in seinem Büro ruhig auf einen Stuhl saß. Voigt teilte ihm mit, dass er Befehl hätte, ihn nach Berlin zu bringen und stellte zwei Mann als Wache ab. 

Im Anschluss suchte er den Bürgermeister auf. Dieser saß hinter seinem Schreibtisch und wirkte überrascht. 

 "Als er meine Charge jedoch erkannte, sprang er auf. Und wie ich auch ihm mitteilte, dass ich ihn auf allerhöchsten Befehl nach Berlin zur Wache zu bringen hätte, war er, wie begreiflich, zunächst darüber sehr bestürzt. 

Er bat mich um Aufklärung und ich bedeutete ihm, dass er ja dort alles erfahren würde. Und als er weiter in mich drang, ihm zu seiner Beruhigung doch zu sagen, was eigentlich gegen ihn vorliege, da habe ich ihm völlig wahrheitsgetreu gesagt: ich wüsste das nicht. 

Er versuchte noch alle möglichen Ausreden und Einwendungen; als Antwort stellte ich auch ihm zwei Grenadiere vor und übergab ihn deren Hut." (1)

So ganz widerspruchsfrei ging das also vermutlich nicht von statten. 

Voigt fügt weiter an, dass in seiner ostpreußischen Heimat der Rendant den Titel Stadtkämmerer führt und gleichzeitig auch stellvertretender Bürgermeister ist. Er vermutete deshalb, dass das in Köpenick genau so ist. 

Das erklärt auch, warum er den Stadtkämmerer und den Stadtsekretär ebenfalls festnahm. Damit hatte er die gesamte Führung der Stadt Köpenick verhaftet. Nach Abtransport der Gefangenen dürfte im Rathaus zunächst eine "Schockstarre" geherrscht haben.  Das verschafft Voigt Zeit, zumindest bis zur Ankunft seiner Gefangenen in der Neuen Wache. 

Tatsächlich hält sich auch ein stellvertretender Bürgermeister im Rathaus auf, der Voigt später anspricht und nach Aufträgen fragt. Den konnte er jetzt natürlich nicht mehr verhaften ohne sich verdächtig zu machen. 

Auf den Weg zur Stadtkasse suchte er dann noch den Polizeiinspektor auf, den er nach seinen Angaben tatsächlich schlafend antraf. Der bekam auch laut Voigt, wie auch im Film dargestellt, einen ordentlichen Anpfiff. Voigt jagt ihn raus um auf der Straße für Ordnung zu sorgen. 

"Schleunigst entfernte er sich, wurde aber von dem Posten am Portale nicht durchgelassen und kam ganz verdutzt und verstört zu mir zurück.

Der Posten ließe ihn nicht hinaus, erklärte er mir und bat mich, ihn doch zu beurlauben, da er baden müsse.

Da mir dies wirklich dringend nötig erschien, so bekam er seinen Urlaub. Und wie es schien, war es tatsächlich eine große Wäsche, die er veranstaltete, denn ich bekam ihn nicht wieder zu sehen. Nachdem so auch dem Humor sein Recht geworden, trat wieder der ganze Ernst der Situation an mich heran, und ich suchte den stellvertretenden Bürgermeister auf. "
(1)

Anmerkungen zur Kasse lasse ich hier erst einmal aus. Dazu möchte ich später noch in meiner Tatbewertung ein paar Zeilen extra schreiben. 

Noch eine kleine Anmerkung zu der Szene mit den Stadträten:

Im Film halten sich diese im Rathaus auf und wollen hinaus. In der Realität waren sie draußen und wollten hinein um dort zwei Sitzungen abzuhalten.

Voigt will sie zunächst nicht hineinlassen, lässt sich dann aber doch überreden. 

Hier befand sich unser Hauptmann in einer Zwickmühle. Er war mit einer Gruppe Soldaten erschienen, hatte alle Eingänge besetzt, und aus guten Grund durfte niemand hinaus, niemand telefonieren. niemand herein. Ein einziger Anruf in Berlin und er wäre aufgeflogen. 

Durch den Aufmarsch der Soldaten erweckte er aber den Anschein als wäre da ein ganz "dickes Ding" passiert. 

Und bei "ganz dicken Dingern" dürfen Dritte eben nicht den Einsatzort betreten. Das dürfte 1906 nicht anders gewesen sein als heute. 

Denn die Gefahr, dass es zu Störungen des Einsatzes kommt, und wäre es nur durch Personen mit Redebedarf, wäre viel zu groß gewesen. 

Genau so kommt es später auch noch, weil sich die Stadträte neugierig zeigen und eben nicht in ihren Sitzungsräumen bleiben. 

"Es hatten sich die Stadtverordneten, Stadträte und städtischen Beamten, soweit sie im Rathaus anwesend waren, auf die Gänge hinausgewagt und beobachteten aus den Winkeln heraus die weitere Entwicklung der Affäre mit der gespanntesten Aufmerksamkeit.
Ich musste wiederholt die Herren darum ersuchen, sich in ihre Zimmer und an ihre Arbeit zu begeben
." (1)

Voigt hingegen konnte die Stadträte aber nicht wegschicken, weil er damit rechnen musste, dass diese  sich bei ihren Parteien beschweren, bzw. in Berlin anrufen. Er hätte also verfrüht auffliegen können.

Zum Thema Telefon behauptet Klaußmann in seinem 1906 erschienenen Buch, dass Voigt auf der Post, im Namen des Kaisers den Befehl gegeben habe, eine Stunde lang den telefonischen und telegrafischen Verkehr mit Köpenick zu unterbinden. (2).

Eine weitere Quelle hierzu konnte ich leider nicht finden. 

Während Voigt im Film viel Zeit hat und die Wartezeit auf den Kassenabschluss im Ratskeller beim Mittagessen überbrückt, musste der echte Voigt ordentlich arbeiten.  Die Beamten des Rathauses suchten ihn nämlich mit allerlei Verwaltungsangelegenheiten auf. "Die Verwaltung von Köpenick bin ich!" Das kommt davon. 

Und was war nun mit dem Pass? Voigt gab schließlich später als Tatmotiv an, dass es ihm nur um einen Pass gegangen sei.

"Kurz hinterher, nachdem ich noch verschiedene städtische Angelegenheiten erledigt hatte, kam ein junger Mann und legte mir seinen Militärpass zur Einsicht vor. Als ich dieses Büchlein in die Hand nahm, erinnerte ich mich plötzlich des Augenblicks, in welchem ich meinen Pass in Tilsit in Empfang genommen hatte. Ich hatte ihn nicht im Polizeisekretariat, sondern im Sekretariat des Landratsamtes empfangen und wusste nun, dass ich vergeblich nach Köpenick gegangen war." (1)

Voigt kommt also selber darauf, dass es in Köpenick keine Pässe gibt. 

Die Gefangenen, drei und nicht zwei wie bei Zuckmayer, lässt Voigt mit drei Wagen zur Neuen Wache in Berlin bringen. Der Bürgermeister gibt sein Ehrenwort nicht zu flüchten. Und wie im Film darf Frau Bürgermeister auch bis kurz vor dem Ziel mitfahren.

Und Voigt?

"Vor dem Rathaus winkte ich den Gendarm heran, machte ihn mit meinen Befehlen bekannt und beauftragte ihn nach dem Abmarsch der Mannschaften vorläufig mit der Aufrechterhaltung der Ordnung im Rathause sowie in der Stadt Köpenick.
Ich ging dann zu Fuß zum Bahnhof und fuhr mit dem Zuge nach Berlin."
(1)


Ende Teil 7



(1) Voigt, Wilhelm. Wie Ich Hauptmann von Köpenick wurde. Julius Püttmann, 1909, S.107 ff..


(2) Klaußmann, Anton Oskar. Der Falsche Hauptmann von Cöpenick. Verlagshaus für Volksliteratur und Kunst, 1906

Freitag, 30. Mai 2025

Der Hauptmann von Köpenick (6)

Weiter im Film:

Ein Bürger fragt den Polizist im Rathaus nach dem Weg. "Ich hab hier ne Vorladung wegen meiner Kartoffeln!"

Der beschreibt schnell und knapp den Weg. Die Bitte ihm den Weg zu zeigen lehnt der Wachtmeister ab. Er hat gerade Besseres zu tun. Er gönnt sich einen Imbiss und eine Berliner Weisse. 

Von draußen ist Voigt und seine Truppe zu hören. 

 Polizist: "Was ist denn da los?

"Die Wache zieht auf!

"Was heißt hier Wache? In Köpenick gibt es doch keine Wache!"

Voigt betritt das Rathaus und ruft den Polizisten zu sich. Voigt fragt nach den Ausgängen und lässt diese dann besetzen. 

Die Eingänge werden geschlossen. Das Rathaus darf niemand ohne seine persönliche Erlaubnis betreten oder verlassen. 

Der Bürgermeister von Köpenick diktiert gerade einen Brief, als die Tür geöffnet wird und der Polizist in den Raum tritt. 

"Was soll denn das heißen? Wie können sie herein  kommen ohne anzuklopfen?"

Voigt tritt ein und salutiert. "Sind sie der Bürgermeister von Köpenick?"

"Allerdings!

Voigt zum Schreiber: "Gehn se mal raus!"

"Ja was soll denn das?"

"Auf allerhöchstem Befehl seiner Majestät, des Kaisers und Königs erkläre ich sie für verhaftet! Habe den Auftrag, sie sofort nach der Neuen Wache in Berlin zu bringen! Machen sie sich fertig!" 

"Wieso denn überhaupt? Das muss doch ein Irrtum sein!"

Voigt zeigt auf die Soldaten und brüllt: "Genügt ihnen das nicht?" 

Der Bürgermeister protestiert. Voigt mault ihn an: "Haben sie gedient?"

Der Bürgermeister ist Oberleutnant der Reserve. Voigt erklärt: "Befehl ist Befehl! Hinterher können sie sich beschweren!"

Voigt stellt den Bürgermeister unter Bewachung. Den Gefreiten schickt er los, nachsehen, was der Polizeiinspektor macht. 

Der Bürgermeister bittet darum, seine Frau benachrichtigen zu dürfen. Voigt schickt daraufhin den Wachtmeister los: "Holn se mal Frau Bürgermeister her! Aber trapp trapp, wir bleiben hier nich lange!"

Der Bürgermeister darf bis zum Abtransport ungehindert mit seiner Frau verkehren. Natürlich nur unter militärischer Bewachung. 

Der Gendarm meldet, dass der Polizeiinspektor schläft. Voigt geht ihn wecken und erteilt ihn gleich einen ordentlichen Anpfiff und erteilt ihn dann den Auftrag runter zur Straße zu gehen und für Ruhe und Ordnung zu sorgen. 

Der kann allerdings zunächst das Rathaus nicht verlassen. "Befehl von Herrn Hauptmann! Hier kann keiner raus! Zurück!"

Voigt sucht nun die Stadtkasse und den Stadtkämmerer Rosenkrantz auf. 

Im wahren Leben war der Mann der Rendant der Stadt Köpenick und hieß von Wiltberg. 

Dieser soll einen vollständigen Kassenabschluss machen. Rosenkrantz lehnt zunächst ab. Ohne Beschluss der Verwaltung möchte er nicht.

Voigt: "Die Verwaltung der Stadt Köpenick bin ich! Ich muss den Bürgermeister und leider auch sie vorläufig in Haft nehmen!"

Rosenkrantz ist sprachlos.

"Ich gebe ihnen 10 Minuten! Genügt ihnen das?"

"Ich werde mich beeilen Herr Hauptmann."

Zwei Mann lässt Voigt als Wache zurück. 

Derweil empören sich die Stadträte: "Juristisch genommen Freiheitsberaubung! Freiheitsberaubung!"

Als Voigt hinzutritt wird aus laut kleinlaut. Einer der Stadträte geht zu ihn und macht einen ordentlichen Bückling: 

"Entschuldigen sie Herr Hauptmann, gestatten sie dass ich mich ihnen vorstelle? Stadtrat Komenius. Wir sind hier 17 Stadträte und wir hatten hier eben eine Ausschusssitzung. Nun möchten wir sie dringend bitten, dass wir doch nach Hause zum Essen gehen dürfen!"

"Tut mir leid! Durchlass kann nicht gewährt werden!"

Mittlerweile trifft Frau Bürgermeister bei Herrn Bürgermeister ein: "Gut dass du kommst!"

"Ja was ist denn los? Du kannst doch nicht einfach so da sitzen!"

Doch, er kann. Er muss sogar. Was soll er denn tun? Erst einmal lehnt er jede Verantwortung ab. 

"Der Mann tut einfach seine Pflicht! Er hat Befehl und Befehl ist Befehl!"

"Was hat er dir denn für eine Legitimation gezeigt?

Natürlich gar keine. Der Mann ist doch Hauptmann. Frau Bürgermeister sieht aber Klärungsbedarf. Ihr Mann soll sofort telefonieren. Er versucht zumindest den Hörer abzuheben, aber die Wache "kann das nicht leiden." Gewehr und Bajonett werden gesenkt, da hat dann auch das Telefonieren "gar keinen Zweck". 

In der Zwischenzeit sitzt Voigt seelenruhig im Ratskeller, nimmt ein Mittagsessen zu sich und beschwert sich beim Kellner über die Semmeln von gestern. 

Rosenkrantz zählt derweil die Kasse und wird von einen Mitarbeiter gefragt, wie er die denn einfach aushändigen kann. 

"Ach sie! Sie ham ja nicht gedient! Waren ja untauglich!" Bloß keine Gehorsamsverweigerung. Der Ungediente scheint nicht überzeugt: "Auf ihre Verantwortung!"

"Ja natürlich auf meine Verantwortung!".

Tja, Befehl ist Befehl. Ist mit so ungedienten Leuten schon lächerlich. 

Frau Bürgermeister trifft nun auf Voigt und gibt sich liebenswürdig: "Ach Herr Hauptmann. Ist denn da gar nichts zu ändern?" 

"Leider nein gnädige Frau!" Als Offizier muss Voigt natürlich seine Pflicht tun. 

Da war doch noch was? Ach ja, Der Pass! 

Wachtmeister: "Herr Hauptmann! Wir haben hier leider keine Passabteilung!" 

Die gibt es nur auf dem Landratsamt in Kreisstädten. Also kein Pass für Voigt. Dafür übernimmt er nun die Kasse. Da fehlen doch tatsächlich 33 Pfennig. Voigt vermerkt das auf der Quittung und steckt die Kasse in die Manteltaschen. 

Der Wachtmeister hat Befehl den Bürgermeister nach Berlin zu bringen. Er zeigt sich nun gegenüber diesen als respektlos. "Ich habe mit Gefangenen nicht zu reden!"

Bürgermeister: "Unverschämtheit!"

Frau Bürgermeister möchte ihren Mann gerne begleiten. Voigt gestattet das, bittet sie aber den Wagen vor der Neuen Wache in Berlin zu verlassen. 

Den Bürgermeister bittet er als Offizier um sein Ehrenwort keinen Fluchtversuch zu machen. 

Die 17 Stadträte dürfen nun auch gehen. 

Die Szene im Rathaus Köpenick endet hier. Es geht dann erst mit der Ankunft des Bürgermeisters in Berlin weiter. 


Ende Teil 6

Freitag, 16. Mai 2025

Der Hauptmann von Köpenick (5)

Im Film schreitet Wilhelm Voigt nun zur Tat, Zum Umziehen sucht er mit dem Pappkarton, welcher die Uniform enthält, die Bahnhofstoilette auf. Zur gleichen Zeit muss ein Bahnbediensteter dringlich aufs Klo. Voigt braucht für das Umziehen aber ein wenig länger. 

Der Eisenbahner verliert die Geduld: "Donnerwetter! Wer macht denn hier so lange?"

Im Film mit Heinz Rühmann ein wenig deftiger: "Zum Donnerwetter! Wer scheißt denn hier so lange?".

"Verdammt noch mal! Wer scheißt denn hier so lange?" in der Version mit Harald Juhnke und im Film mit Rudolf Platte "Jetzt wirds mir aber zu bunt! Herrgott! Wer scheißt denn hier so lange?" 

Die Tür geht auf und Wilhelm Voigt tritt in der Hauptmannsuniform heraus. Die Eisenbahner zucken zusammen und stehen stramm. 

"Haben sie gedient?"

"Jawoll Herr Hauptmann!"

"Dann werden se gelernt haben sich zu beherrschen! Nächste Mal nehmen se sich ein bisschen zusammen!"


Der echte Voigt schreibt in seinem Buch, dass er sich bereits zu Hause umgezogen hat:

"Mit Rücksicht darauf, dass ein später Verlassen meiner Wohnung den Einwohnern des Hauses auffällig erscheinen und gleich zu meiner Entdeckung führen könnte, musste ich so früh als möglich fortgehen. 

So kleidete ich mich denn in meinen Zimmer an und verließ morgens gegen 1/4 vier Uhr  meine Wohnung. 

Zunächst fuhr ich mit dem nächsten Zuge um 4 Uhr früh nach Köpenick, um wenigstens das Rathaus zu sehen, kehrte aber bereits um 6 Uhr nach Berlin zurück, nachdem ich in einen entlegenen besseren Lokal gefrühstückt hatte. Dort verweilte ich einige Stunden und begab mich in einer Droschke nach der Seestraße, stieg dort aus und machte mich mit dem Orte bekannt, wo die Wachen kampierten. 

Nachdem ich mich genügend informiert, suchte ich wieder ein Gartenlokal auf, in welchen ich zu Mittag speiste. 

Auf dem Wege dahin hatte ich noch eine Begegnung mit einen Major der Luftschifferabteilung. Auch das bürgt zur Genüge dafür, dass die so sehr bemängelte Uniform in durchaus tadellosen Zustand war. Nachdem ich gespeist, begab ich mich etwa um 1/2 zwölf Uhr auf den Platz um die Wachen in Empfang zu nehmen." (1)


Voigt zieht die Uniform also bereits in seiner Unterkunft an und schleicht sich dann am frühen Morgen um 03:15 Uhr aus dem Haus. Über 8 Stunden ist er in Berlin und Köpenick unterwegs, bevor er zur Tat schreitet. 

Das kann durchaus als Eingewöhnung oder als Test dafür gesehen werden, ob er in der Uniform ernst genommen wird. 


Zurück zum  Film:

Voigt sammelt sich Soldaten ein. 

" 1 Gefreiter, 4 Mann von der 7.Kompanie, 2. Garderegiment zu Fuß, auf dem Wege von der Schwimmanstalt Wache Plötzensee zur Kaserne." 

Während der Meldung kommt ein  zweiter Trupp, wieder ein Gefreiter und vier Mann vorbei. Diesmal von der 3. Kompanie, 2, Garderegiment zu Fuß, auf dem Weg vom Schießplatz zur Kaserne.  

"Sie marschieren nicht zur Kaserne, sondern folgen mir zu einer besonderen Dienstleistung, auf allerhöchsten Befehl! Gefreiter, sie übernehmen das Kommando! Wir marschieren zum Bahnhof Friedrichstraße und fahren dann nach Köpenick!"

 

Ich seinem Buch teilt Voigt mit, dass er den Gefreiten schickte um die Wache vom Schießstand zu holen, was auch in kürzester Frist geschah (1). 


Es folgt die Fahrt nach Köpenick. 

Frau: "Wo wollt ihr den hin?

1. Soldat: "Wes ich nich!"

Frau: "Das müsst ihr doch wissen."

1. Soldat: "Wes ich doch nich!"

2. Soldat: "Nach Köpenick!"

3. Soldat: "Halts Maul! Geheim!"


Tatsächlich ließ der echte Wilhelm Voigt in Rücksicht darauf, dass er die Mannschaft von der Straße geholt hatte und diese ja nicht in die Kaserne zurück konnte, zunächst im nächsten Bahnhofs-Restaurant ein Bier zu sich nehmen. 

In Rummelsburg musste umgestiegen werden. Weil noch etwas Zeit war, konnte die Mannschaft dort am Buffet auch etwas zu essen zu sich nehmen. Voigt ließ sich den "Einsatz" also durchaus etwas kosten. (1).

Im Film sitzt Voigt in einem Abteil, und raucht verdeckt von einer Zeitung, die er liest. 

Ein Fahrgast: "Sie! Nichtraucher!"

Voigt nimmt die Zeitung herunter. Der Fahrgast erschrickt. "Pardon Herr Hauptmann!" Voigt raucht demonstrativ weiter und schüttelt missbilligend des Kopf. 

Die Truppe kommt in Köpenick vor dem Rathaus an. Voigt lässt die Ausgänge besetzen. 

Ohne seine persönliche Erlaubnis darf niemand das Rathaus betreten oder verlassen. 


Ende Teil 5


1) Voigt, Wilhelm. Wie Ich Hauptmann von Köpenick wurde. Julius Püttmann, 1909, S.102,103.


Dienstag, 13. Mai 2025

Der Hauptmann von Köpenick (4)

 Weiter geht es mit dem Film:

Wilhelm Voigt ist beim Trödler und kauft sich die Uniform. Angeblich braucht er sie für einen Maskenball. Die Szene beginnt mit dem Betrachten der Uniform.

"Tja, ich weiß nich ob ich soll." 

"Sie wissen nicht. Soll ich ihnen was sagen? Ich weiß. Nehmen se was anderes. Müssen se gehen als Hauptmann. Aufn Maskenball will man sich doch amüsieren. Als Hauptmann werden se sich nich amüsieren, wird man sie gleich erkennen, wird man sagen sieht so ein Hauptmann aus?" 

"Ne ne, ich nehm se doch!"

Voigt bemängelt einen fehlenden Stern: "Als Hauptmann muss ich doch zwe Sterne haben!"

Die Uniform soll 20 Mark kosten. Voigt will nur 15 Mark zahlen und dazu noch einen Säbel und einen grauen Offiziersmantel. Der Händler gibt nach. 

Ich muss jetzt sagen, dass bei dieser Szene der Film ein wenig schwächelt. In der Verfilmung von 1960 mit Rudolf Platte ist die Szene viel glaubwürdiger dargestellt. Die Verhandlungen dauern länger. 

Überhaupt, was ist mit einer Mütze, einer Uniformhose, einer Feldbinde... alles was ein Offizier sonst noch braucht?

Auch hier kauft im Film von 1960 Wilhelm Voigt mehr Uniformteile ein. 

Voigt selber lässt sich in seinen Buch "Wie ich der Hauptmann von Köpenick wurde", welches 1909 zum ersten Mal erschien, kaum zur Uniform ein. Er reagiert aber verärgert darüber, dass diese als schäbig kritisiert wurde. Auch behauptet er, dass er auch den passenden Helm besessen hätte. Dieser würde zuhause auf dem Küchentisch stehen. Für seinen Einsatz hätte aber die Mütze gereicht. 

"Genug, ich arbeitete meinen Plan aus und habe bewiesen, dass ich der Mann war, ihn auch durchzuführen. Was soll all das Gerede, womit man an meinen Vorgehen, ja selbst an meiner Uniform herumkritisiert? 

Beispielsweise ich hätte keinen Helm getragen!

Der Helm stand ruhig in meiner Wohnung auf dem Tische. Ich hielt es aber nicht der Sachlage nach nötig, 17 Stunden einen Helm auf dem Kopfe zu tragen zu einer Diensthandlung, die ich bequemer in der Mütze ausführen konnte und wollte."  (1).


Genaueres zur Uniform erfahren wir im Buch von Anton Oskar Klaußmann, Der falsche Hauptmann von Cöpenick, aus dem Jahr 1906:

"Zu den Vorbereitungen des Verbrechens gehörte die Beschaffung der Uniform. Voigt kaufte einen Säbel, den er als Hauptmann tragen wollte. Bald aber überzeugte er sich davon, dass er einen schlechten Kauf gemacht hatte, denn der Säbel gehörte zur Uniform eines Kavallerieoffiziers. 

....

Stückweise kauft sich allmählich Voigt die Uniformteile zusammen. Er macht die Einkäufe nicht in Berlin, wo es vielleicht aufgefallen wäre, dass sich ein Mann von seinen Aussehen eine Uniform beschaffte. Er geht vielmehr in einen kleinen Trödlerladen zu Potsdam. 

...

Der Verbrecher verschaffte sich eine Extrahose, einen Interimsrock, einen Mantel, einen Offizierssäbel und Sporen auch eine Feldbinde.

Da Voigt nicht viel Geld ausgeben wollte, waren die Uniformstücke sämtlich etwas schäbig.

Voigt wusste genau, dass ein Offizier zur Feldbinde einen Helm tragen muss. Er versuchte auch einen solchen zu kaufen, aber bei seiner eigentümlichen Kopfform gelang ihm dies nicht. 

Die Trödlerin hatte zwar alle möglichen Helme, nur keine allzu große Auswahl von Helmen der Offiziere des 1. Garderegimentes zu Fuß.

....

Er kaufte sich in Berlin eine Extramütze, und zwar eine neue Mütze, weil er jedenfalls durch diese ein gewisses Gegengewicht gegen die Schäbigkeit der anderen Uniformstücke haben wollte." (2)



Ende Teil 4



(1) Voigt, Wilhelm. Wie Ich Hauptmann von Köpenick Wurde. Julius Püttmann, 1909, Seiten 98, 99.

(2) Klaußmann, Anton Oskar. Der Falsche Hauptmann von Cöpenick. Verlagshaus für Volksliteratur und Kunst, 1906.


Freitag, 9. Mai 2025

Der Hauptmann von Köpenick (3)

Zurück zum Film und hier zur Geschichte um die Uniform. Dr. Obermüller schlägt mit stolzgeschwellter Brust beim Hoflieferanten Wormser auf. Er wurde zum Leutnant der Reserve ernannt und braucht nun eine Uniform. Wormser nutzt die Gelegenheit und schwatzt Obermüller die in Kommission genommene Uniform auf, obwohl diese einige Nummern zu klein ist und Obermüller darin aussieht wie eine Presswurst. 

"Sitzt wie angegossen!.....Ne Kleinigkeit hier oben, die Falten, die müssen weg, dann unten ein bisschen auslassen, aber ne ganze Kleinigkeit!"

"Eigentlich wollte ich mir ja eine neue nach Maß machen lassen."

"Den Rock nehmen se Herr Leutnant!"

Wormser merkt an, dass er mit der Uniform Glück gehabt hat. 

"Den Rock tragen se noch wenn se mal Bürgermeister von Köpenick sind."

-

Zurück zu Voigt. Der wird 1906 aus der Haft entlassen und taucht in Berlin bei seiner Schwester, Marie Hoprecht, auf, die ihn erst einmal nicht erkennt. 

Dort lernt er dann auch seinen Schwager Friedrich kennen, Wilhelm kann bleiben. Friedrich will ihn bei der Anmeldung und der Arbeitssuche helfen. Auf die Frage, wann er denn geboren ist, antwortet er: "Am 17.Dezember 50!" (Tatsächliches Geburtsdatum Voigts war der 13.Februar 1849)

Der Film lässt offen, ob Wilhelm Voigt direkt nach seiner Haftentlassung zu seiner Schwester zieht. Der echte Voigt zog zunächst nach Wismar. Der Anstaltsgeistliche hatte ihm eine Beschäftigung beim Hofschuhmachermeister Hilbrecht besorgt. Obwohl er sich dort gut führte, konnte er aber nicht bleiben. Das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin erteilte ihm aufgrund seiner Vorstrafen ein Aufenthaltsverbot. Voigt musste weiter ziehen. 

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Zurück zum Film und zur Uniform. Obermüller, mittlerweile tatsächlich Bürgermeister von Köpenick,  muss zum Kaisermanöver. Seine Uniform ist anscheinend mittlerweile kleiner geworden. Er hat deshalb bei Wormser eine neue bestellt. Die Lieferung verspätet sich aber. Mit Hilfe seiner Frau versucht er die alte Uniform anzuziehen. Dabei reißt ein Stück ab. 

"Na jetzt ist alles aus!"

In letzter Minute erscheint der Zuschneider Wabschke mit der neuen Uniform. Die alte soll er als Anzahlung mitnehmen. 

"Ach die? Die bring ich zum Trödler!". 

Hier ist anzumerken, dass der Bürgermeister von Köpenick 1906 Dr, Georg Langerhans war. Dr. Langerhans. geb. am 23. September 1870 in Frankfurt (Oder), gest. am 8.März 1918 in Lichterfelde, war promovierter Jurist. Dr. Langerhans war zuletzt Oberleutnant der Infanterie. 

Als Bürgermeister war er beliebt und erfolgreich. Aus Scham übers seine Rolle bei der Köpenickiade erklärte er seinen Rücktritt, nahm aber auf Bitte der Stadtverordneten seine Amtsgeschäfte später wieder auf. 



Dr. Georg Langerhans, 1906


Die Uniform landet beim Trödler. "Na, fürn Maskenball wird se noch gehen."

Derweil herrscht bei Wilhelm Voigt Verzweiflung. Statt einer Meldebescheinigung hat er eine Ausweisungsverfügung bekommen und streitet nun mit seinem Schwager.

"Unglück? Das ist kein Glück oder Unglück bei! Ein sauberes und glattes Unrecht ist das!"

"Bei uns da gibt`s kein Unrecht! Bei uns in Deutschland da geht Recht und Ordnung über alles! Du weißt das nicht Wilhelm. Du hast nicht gedient!" 

Wilhelm Voigt geht nun zum Trödler, die Uniform kaufen. 

Und ich gehe nun mal wieder zurück zur Geschichte. Wilhelm Voigt hatte tatsächlich eine Ausreiseverfügung erhalten, hielt sich aber zunächst nicht daran. In seiner Gerichtsverhandlung sagte er aus, dass er als "Schlafbursche" in eine unangemeldete Unterkunft in der Langenstraße 22 zog. Schlafburschen, oder auch Schlafgänger, mieteten lediglich für wenig Geld ein Bett für ein paar Stunden am Tag in der Zeit in der der Bewohner der Wohnung dieses nicht benötigte. Die restliche Wohnung durften sie gewöhnlich nicht nutzen. Seine Arbeitsstelle in einer Schuhfabrik behielt er ebenfalls bei. 
 Aufgrund seines nun illegalen Aufenthaltes standen die Aussichten für eine weitere Beschäftigung allerdings eher schlecht. 
In den Filmen hat Voigt übrigens keine Arbeit. Auch seine damaligen Lebensgefährtin, einer 50 jährigen Nachbarin seiner Schwester, eine Fabrikarbeiterin mit dem Namen Riemer, wird in den Filmen nicht erwähnt. 
Dieser teilte er mit, dass er aufgrund einer Erbschaft verreisen müsse. An seiner Arbeitsstelle erscheint er am 06. Oktober, 10 Tage vor der Köpenickiade  zum letzten Mal. 




Ende Teil 3

Mittwoch, 7. Mai 2025

Der Hauptmann von Köpenick (2)

Nachdem Voigt erneut abgewiesen wurde, und den Tip erhalten hat, es mal bei der Industrie zu versuchen , bewirbt er sich in einer Fabrik. 

Prokurist: "Haben sie gedient? Wo haben sie gestanden?"

Voigt: " Gestanden nicht. Nur gesessen!"

Er wird wieder nicht genommen. Letztlich deshalb nicht, weil er keinen Pass hat.  

Im Polizeirevier versucht er deshalb einen zu bekommen, 

Kommissar: "Solange sie keine Arbeit haben, da kriegen sie auch keine Papiere!" 

Die Situation wird im Film so dargestellt, das Voigt nicht arbeiten kann, weil er keinen Pass besitzt und keinen Pass bekommt, weil er keine Arbeit hat. 

Und weil er keinen Pass hat kann er auch das Land nicht verlassen. 

Seine Problemlösung: Er bricht mit Kalle in das Polizeirevier ein um sich einen Pass zu beschaffen. 

Den muss er allerdings zunächst überreden. In einen Cafe setzt sich eine Prostituierte zu beiden, die allerdings schnell zu einen betrunkenen Soldaten wechselt. Das passt Kalle überhaupt nicht. Es kommt zum Streit. 

Hauptmann von Schlettow, aktueller Besitzer der Uniform ist auch dort und über das Verhalten des Soldaten empört. Er stellt diesen zur Rede. Da er aber keine Uniform trägt, glaubt ihn niemand, dass er Hauptmann ist, weshalb es zu einer Rangelei kommt. Auch der eintreffende Wachtmeister nimmt von Schlettow den Hauptmann nicht ab. Er wird verhaftet. 

Kalle lässt sich überzeugen in das Polizeirevier einzubrechen. Er will allerdings keinen Pass, sondern die Kasse und nimmt auch eine Pistole mit. 

Natürlich werden die beiden erwischt. Voigt wird zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. 

Soweit der Film. Tatsächlich hat Voigt nicht in ein Polizeirevier in Berlin eingebrochen, sondern in die Gerichtskasse in Wongrowitz. Da ging es auch um die Kasse und nicht um einen Pass. Dafür erhielt er eine Strafe von 15 Jahren Zuchthaus. Wongrowitz ist übrigens eine Kleinstadt im heutigen Polen. 

Im Film: Hauptmann von Schlottow probiert zum letzten Mal seine nun perfekt sitzende Uniform an und gibt sie dann in Kommission. Aufgrund des Skandals musste er den Dienst quittieren. 

"Plan geändert Wabschke! Werd mal ein bisschen Landwirtschaft treiben. Hatte schon immer so was vor. Ist ja auch viel besser. Aus mit`m bunten Rock!"

Wilhelm Voigt lernt unterdessen in der Königlichen Preußischen Strafanstalt Sonnenburg die Felddienstordnung und das Exerzieren, sehr zur Freude des Zuchthausdirektors. 

In Sonnenburg, heute Słońsk in Polen, wurde 1832 ein Zuchthaus errichtet. Wegen der schlechten sanitären Bedingungen wurde das Zuchthaus 1930 wieder geschlossen. Ab 1933 wurde es durch die Nationalsozialisten wieder in Betrieb genommen und als "Staatliches Konzentrationslager" der Berliner Polizei genutzt, wo 1200 politische Gefangene misshandelt und gefoltert wurden. 1934 wurde das Konzentrationslager wieder in ein  Zuchthaus umgewandelt. 

Am 30.Januar 1945 ließ der SS-Hauptsturmführer Wilhelm Nickel, kurz vor Eintreffen der Roten Armee dort 800 Gefangene erschießen. Nur drei Gefangene überlebten das Massaker.  

Heute befindet sich dort das Martyriumsmuseum Sonnenburg (Muzeum Martyrologii w Słońsku). (1)

Zurück zu Wilhelm Voigt.  In seiner Gerichtsverhandlung zu seiner Köpenickiade  gab er auf Befragen des Vorsitzenden, Landgerichtsdirektors Dietz, zu seinen militärischen Kenntnissen folgendes an: 

Er sei seiner Bestrafungen wegen nicht Soldat gewesen. Seine Eltern haben in Tilsit gegenüber der Dragonerkaserne gewohnt. Sein Vater, ein Schuhmachermeister, bei dem er das Schuhmacherhandwerk erlernt, habe viel für die Offiziere und Mannschaften gearbeitet. Er hatte daher Gelegenheit, viel in der Kaserne zu verkehren; dadurch habe er alle militärischen Kommandos kennen gelernt. (2)


Quellen: 

1  https://www.memorialmuseums.org/memorialmuseum/martyriumsmuseum-sonnenburg

2  Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1.  Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 141.


Ende Teil 2

Montag, 5. Mai 2025

Der Hauptmann von Köpenick (1)

 Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich ein Freund alter Filme bin? 

Gestern habe ich mir den Hauptmann von Köpenick angeschaut und zwar die Verfilmung von 1931, die auf dem Theaterstück von Carl Zuckmayer basiert. 

Zu diesen Zeitpunkt gab es meines Wissens bereits vier Spielfilme und eine Dokumentation über den Hauptmann. 

Carl Zuckmayer brachte den Stoff 1931 unter dem Titel "Der Hauptmann von Köpenick. Ein deutsches Märchen." heraus. Das Stück wurde am 05. März 1931 am Deutschen Theater Berlin uraufgeführt und war ein großer Erfolg. 

Noch im gleichen Jahr wurde es erstmalig verfilmt.

Regie führte Richard Oswald, der auch Produzent des Filmes war. Die Uraufführung fand am 22. Dezember 1931 statt.

1933, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden Zuckmayers Stücke verboten. Carl Zuckmayer, der im 1.Weltkrieg ein hochdekorierter Soldat war, hatte jüdische Vorfahren und musste aus Deutschland fliehen. 

Ebenso Richard Oswald, der als Jude nach Amerika emigrierte. 1941 verfilmte er das Stück dort erneut unter dem Titel " I was a Criminal". Der Film erschien 1945 und wurde auch unter den Titeln "Passport to Heaven" und "The Captain from Köpenick" aufgeführt. 

Am bekanntesten dürfte die Verfilmung von 1956 mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle sein. Die gefällt mir übrigens persönlich am besten.  

Es folgt ein Fernsehfilm von 1960, mit Rudolf Platte, und ein weiterer Film von 1997 mit Harald Juhnke in der Titelrolle. 

Es soll noch Bühnenverfilmungen von 2001 und 2005 geben, die ich beide noch nicht gesehen habe. 

Warum ich das alles erwähne? Die Geschichte vom Hauptmann von Köpenick beruht auf einer wahren Begebenheit und sie ist so gut, dass sie einfach immer wieder erzählt werden muss.

Wer sie nicht kennt, dem empfehle ich einfach mal eine der Verfilmungen zu schauen. Zuckmayer erlaubte sich bei seinem Stück allerdings eine gute Portion dichterische Freiheit. 

Und hierzu erzähle ich nun ein bisschen. 

Der "Hauptmann" in unserer Geschichte hieß Friedrich Wilhelm Voigt. Er wurde als Sohn eines Schusters, am 13. Februar 1849 in Tilsit (heute Sowetsk in Kaliningrad) geboren. 

Voigt schloss eine Schusterlehre ab und ging als Geselle auf Wanderschaft. 

Aber bereits im Alter von 14 Jahren wurde er das erste Mal wegen eines Diebstahls zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt. Es folgen weitere Strafen wegen Diebstahl und Urkundenfälschung. 

1906 gibt er sich als Hauptmann aus, unterstellt einen Trupp Soldaten seinen Befehl, verhaftet den Bürgermeister von Köpenick und "beschlagnahmt" die Stadtkasse.  



Wilhelm Voigt - Lichtbilder aus der Strafakte


Der Film beginnt mit der Entlassung Voigts, der übrigens von Max Adalbert gespielt wird,  aus der "Plötze", dem Königlich Preußische Strafgefängnis Plötzensee . 

Das Staatsgefängnis Plötzensee wurde zwischen 1868 und 1879 auf dem Gelände des Tegeler Forstes errichtet. Es bot Platz für bis zu 1400 Gefangene. Heute befindet sich auf dem Gelände die Justizvollzugsanstalt Plötzensee für 345 Gefangene. Teilweise werden die historischen Gebäude noch genutzt. 

Voigts Pass wird im Film zerrissen. Er erhält nur einen Entlassungsschein. 

In der Folge sucht er vergeblich nach Arbeit, wird aber abgelehnt, weil er Häftling war und nicht "gedient" hat. 

In der ersten Szene wird er dabei von seinen Kumpel "Kalle" verspottet "Arbeiten will er!" .

Bei Kalle handelt es sich um Paul Kallenberg, einen Komplizen und ehemaligen Zellengenossen Voigts.

Zwischendurch wechselt die Szene. Ein Hauptmann probiert seine frisch geschneiderte Uniform an. Die Uniform sitzt nach Meinung des Hauptmanns nicht richtig. Der Zuschneider widerspricht. Der Hoflieferant Adolph Wormser gibt sich aber unterwürfig und ihm recht. Die Uniform soll geändert werden. 

So beginnt die Geschichte der Uniform, die später von Wilhelm Voigt bei seinem Gaunerstück getragen wird. 

Offiziersuniformen kamen im Kaiserreich üblicherweise nicht aus der Kleiderkammer, sondern wurden nach Maß geschneidert.

Während der Anprobe erscheint auch Wilhelm Voigt in dem Geschäft und will nach Arbeit fragen, wird aber fort gejagt. 


Ende Teil 1