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Donnerstag, 14. August 2025

Die verzauberte Zwiebel

Ich habe euch ja vor einiger Zeit bereits von der Speichenhexe, welche in Breckerfeld ihr Unwesen trieb erzählt. 

Die ungute Frau hatte es ja auf Fuhrleute abgesehen. Wer nun glaubt, dass man als Fußgänger nicht nur etwas für die Umwelt tut, sondern auch vor besagter Hexe sicher ist, dem kann ich die folgende Geschichte erzählen:

In Breckerfeld gibt es den Epscheider Bach, an dem die Epscheider Mühle liegt. Dort führt über den besagten Bach eine Brücke. 

Der Held unserer Geschichte, ein Schmied, hatte den Abend im Wirtshaus verbracht, den einen oder anderen Krug geleert und sich nun, so gegen Mitternacht auf dem Weg nach Hause gemacht. 

Dabei überquerte er auch, leicht torkelnd, die Brücke, wo er von einer alten Frau angesprochen wurde:

"Du isst doch bestimmt gerne Zwiebeln. Schau mal, was ich hier für schöne große Zwiebeln habe. Möchtest du eine haben?"

Dabei hielt sie ihm ein wirkliches Prachtexemplar von einer Zwiebel hin. Nun sollten einem Frauen, die um Mitternacht in abgelegenen Gegenden Zwiebeln verschenken, suspekt vorkommen, unser Schmied kam aber wie bereits erwähnt, wie man hier sagt "angeschickert" aus der Dorfkneipe. 

Dem schönen Gemüse konnte er deshalb nicht widerstehen und nahm es dankend entgegen. 

Sobald er zu Hause war, wollte er sich noch einen kleinen Mitternachtsimbiss gönnen, griff  sich ein Messer und schnitt die Zwiebel in der Mitte durch. 

Da entsprang den beiden Hälften eine Unzahl von Fröschen und Kröten. Der Schmied erschrak fast zu Tode, fluchte laut und warf die beiden Hälften weit fort in den Bach. 

Wütend fluchte und schimpfte er auf die Hexe, die er in der Ferne schallend lachen hörte. 


Ob das wohl unsere bereits bekannte Speichenhexe war?  

Dienstag, 8. Juli 2025

Die Speichenhexe

 Wo wir schon mal bei Hexen waren , kann ich auch gleich noch eine Geschichte nachlegen. 

Neulich war ich mit einem Kollegen in Breckerfeld wandern. Dabei gingen wir auf dem Rückweg auch über den Wengeberg und machten dabei ordentlich Höhenmeter. Der Wengeberg ist nämlich mit 442 Metern die höchste Erhebung im Ennepe-Ruhr-Kreis. 

Über den Wengeberg führt die gut ausgebaute Landstraße L528. Aber auch in früheren Zeiten gab es hier bereits eine Straße. 

Und eine Hexe! Nämlich die Speichenhexe, die hier an der Straße ihr Unwesen getrieben haben soll.

Ein Breckerfelder Bauer soll einst mit seinem Fuhrwerk, im dichten Nebel auf dem Weg nach Hause gewesen sein, als er aus dem Unterholz lautes Wimmern und Stöhnen hörte. Obwohl der Bauer wusste, das es am Wengeberg spukt, hielt er an und kletterte von seinem Kutschbock. Wenn ein Mensch in Not war, musste er helfen. 

Mühsam kämpfte er sich durch das dichte Gestrüpp, bis er plötzlich vor einer grausig aussehenden Hexe stand.

Wirre zottelige Haare, eine lange mit Warzen übersäte Nase, ein einzelner gelber Zahn ragte aus ihren vertrockneten Mund (Wie man sich eine Hexe der hässlichen Art halt vorstellt!).

"Hilf mir Bauer! Ich stecke in einer Astgabel fest! Hol deine Axt und befreie mich! Schlag mir das Bein ab, damit ich los komme!"

Unserem hilfsbereiten Bauern war das nun aber doch zu gruselig. Unter lauten Gezeter und Fluchen der Hexe machte er das er wegkam. Drei Tage hörte man die Hexe noch schreien und fluchen, dann war Stille.

Seit jenem Tag aber bleiben immer wieder Wagen ohne erkennbaren Grund auf der Straße stecken und lassen sich trotz aller Mühe nicht mehr fort bewegen. Als wäre der Wagen festgehext. 

So soll es dann auch einige Zeit später unseren bereits bekannten Bauern gegangen sein. Der hatte aber eine Idee:

Um seinen Wagen zu befreien zerschlug er mit der Axt eine Speiche des festsitzenden Wagenrades mit den Worten: "Du hast mich festgesetzt, darum zerschlag ich dir die Speiche jetzt!"

Und schon war der Wagen frei und der Bauer konnte weiter. 


Mit Ende der Pferdewagen ging dann wohl auch die Hexe in den Ruhestand. Am Wengeberg bleibt man in heutiger Zeit wohl nicht mehr so oft stecken. Und solltet ihr doch mal liegen bleiben, dann zerdeppert nicht eure Leichtmetallfelgen, sondern ruft einfach den Pannendienst. 

Mittwoch, 30. April 2025

Volmarstein - Zwerge 5

Nachdem unserem Zwerg Volmar, zumindest seiner Meinung nach, auf Hardenstein übel mitgespielt wurde, verließ er, nicht ohne sich grausam zu rächen, die Gegend von Witten und zog mit seinen Volk flussaufwärts. In Hardenstein wurde er nie wieder gesehen. 

Ein Stückchen weiter die Ruhr hinauf befindet sich Steinhausen. Dort gibt es ebenfalls eine Sage über einen üblen Zwerg. Da dieser allerdings am Ender der Sage sein selbiges findet, kann es sich nicht um unseren Goldemar handeln. Von diesen namentlich nicht bekannten Zwerg berichte ich dann ein anderes Mal. 

Zurück zu Volmar. Dieser erreicht mit seinem Gefolge schließlich eine schöne Gegend im Ruhrtal, wo ihm ein hoher Felsen auffällt. Die Aussicht auf das Ruhrtal ist wunderschön. Volmar beschließt zu bleiben. 

Auf seinen Befehl hin, baut sein Zwergenvolk ihn eine prächtige Burg, welche nach ihm Volmarstein genannt wird. 

Das war es dann auch schon. Über die Burg Volmarstein gibt es zahlreiche Sagen. Es gibt da Raubritter, Nixen, Feen usw., nur Zwerge kommen nicht mehr vor. 

Volmar, bzw. Goldemar verschwindet aber nicht aus der Sagenwelt. Er wird hier in Zukunft bestimmt noch mal auftauchen. 






Oben sind Bilder der Burgruine zu sehen. Die Reste des mächtigen eckigen Turmes sind nicht darauf. Die werden ich später einmal zeigen. Über Volmarstein möchte ich in späteren Beiträgen noch einiges erzählen, auch zur Geschichte der Burg. 
Die geschichtlichen Anmerkungen spare ich mir deshalb für heute. 



Mittwoch, 23. April 2025

König Volmar - Zwerge 4



Ruine Hardenstein


Wir schreiben das Jahr 1382. Über das Reich regiert Kaiser Wenzel der Faule (1), auf Burg Hardenstein bei Witten herrscht der Ritter Neveling von Hardenstein (2) und über die Zwerge im Ruhrtal gebietet König Volmar, der aufgrund seines Reichtums auch Goldemar (3) genannt wird. 

In der Burg Hardenstein sind die Bediensteten sehr beschäftigt. 

Grethlein, die Küchenmagd, trägt zitternd die Platte mit dem frisch zubereiteten gebratenen Enten in den Rittersaal. Sie fürchtet sich, denn ihr Herr Neveling hat einen unheimlichen Besucher. 

Volmar, der Zwergenkönig, ist seit einiger Zeit immer häufiger zu Gast auf Hardenstein, seit er sich mit dem Ritter Neveling angefreundet hat. Volmar kann niemand sehen, Durch einen Zauber ist er unsichtbar. Aber sein Schmatzen, Lachen und Gröhlen ist nicht zu überhören. 

Und seit er Neveling vor anrückenden Feinden warnte, hat er auch eine eigene Kammer im südwestlichen Turm. Einen eigenen Platz am Tisch hat er sowieso. Sein Pferd im Stall ist genau so unsichtbar wie er. Nur manchmal im Dämmerlicht glaubt man aus den Augenwinkeln einen leichten unheimlichen Schatten zu sehen. 

Neveling und Volmar unterhalten sich oft bis spät in die Nacht und manchmal verbringen sie die Nächte gemeinsam in Nevelings Gemach. 

Einmal hatte Volmar Grethlein sanft am Arm gefasst. Mit Grausen denkt sie an den weichen, aber kalten Griff zurück. Wie ein toter Fisch.

Grethlein stellt die Bratenplatte auf den Tisch und sieht zu, dass sie schnell wieder in die Küche kommt, wo  Martin, der Küchenjunge bereits mit dem nächsten Tablett wartet.

"Du bist ja ganz blass! Fürchtest du dich etwa vor einen Zwerg?" Grethlein guckt Martin böse an. "Ist er dir etwa nicht unheimlich?" 

Martin grinst. "Das ist ja nur, weil er unsichtbar ist. Wenn man ihn sehen könnte...." Martin fasst einen kühnen Plan. 



In der Nacht, als alle Bediensteten längst schlafen, schleicht Martin sich noch einmal in die Küche. Er weiß, dass Volmar oft spät in der Nacht Hunger bekommt und sich an den Vorräten der Burgküche bedient. Niemand beschwert sich darüber, denn der Zwergenkönig sorgte auch dafür, dass die Speisekammer nie leer und der Wein nie knapp wurde. 

Leise schüttet Martin einen großen Haufen Mehl hinter der Tür auf. Davor schüttet er Erbsen aus. Sein Plan: Volmar rutscht auf den Erbsen aus und fällt in das Mehl. Voll mit Mehl bedeckt kann man ihn dann sehen. 

Martin muss lange warten. Er will schon wieder aufräumen, als er im Gang leise Schritte hört. Volmar kommt. Knarrend öffnet sich die Tür und Volmar eilt hinein. Es poltert laut als er tatsächlich ausrutscht und stürzt. Martin springt aus seinen Versteck, um ihn zu sehen, da wird er auch schon gepackt. Volmar tobt vor Wut und zerreißt den Küchenjungen mit bloßen Händen. 

Anschließend heizt er den Herd an und brät den Küchenjungen. Mit den Töpfen verschwindet er in seiner Kammer. Die ganze Nacht hört man ein lautes Feiern, Singen und Schmatzen. Unheimliche Gestalten huschen durch die Gänge. 

Die Bewohner der Burg verstecken sich zitternd in ihren Kammern. Erst am Morgen, als es schon eine ganze Zeit still ist, wagt sich Neveling von Hardenstein aus seiner Kammer und schleicht in den Turm. 

Dort über der Tür zu Volmars Kammer steht in blutroter Schrift der Fluch:


"Burg Hardenstein soll künftig so unglücklich sein, wie sie vormals glücklich gewesen ist, und all ihr Gut soll zerrinnen, solange nicht drei Generationen derer von Hardenberg zugleich am Leben sind!"

Volmar aber ist verschwunden.

Nie wieder leben Großvater, Vater und Sohn in dem alten Gemäuer zusammen und die Familie von Hardenstein stirbt 40 Jahre nach dem Fluch aus. Die Burg aber zerfällt. (4)


Anmerkungen:

1 In einer der mir bekannten Versionen dieser Sage ist von Kaiser Wenzel die Rede. Wenzel, aus dem Geschlecht der Luxemburger (* 26.02.1361 in Nürnberg, † 16.08.1419 in Wenzelsburg) war von 1376 bis 1400 römisch-deutscher König, wurde aber nie zum Kaiser gekrönt.

2 Ein Neveling von Hardenstein ist historisch nicht belegt.

3 Goldemar kommt in mehreren Sagen des Ruhrtales und des Sauerlandes als Zwergenkönig vor. In der Sage um Schloss Hardenstein wird er mal Volmar und mal Goldemar genannt. In anderen Sagen aber entweder nur Volmar oder nur Goldemar. Ob es sich ursprünglich um verschiedene Zwerge handelte ist nicht bekannt.

4 Die Burg Hardenstein wurde zwischen 1345 und 1354 erbaut. 1378 begann Heinrich IV von Hardenstein eine Fehde mit der Stadt Dortmund, weil er einen jüdischen Geschäftsmann Geld schuldete. Sein Angriff auf Dortmund mit einen angeblich 1000 Mann starken Heer schlug fehl. 

Bei einen weiteren Feldzug wurde er gefasst und hingerichtet. Ihm folgte Heinrich V. Dieser hatte keinen männlichen Erben. Durch Heirat mit Heinrichs Tochter fiel die Burg an Robert Stael von Holstein. Die Burg wurde etwa zur gleichen Zeit erweitert und zerfiel erst ab dem 18. Jahrhundert.  


Von der Sage sind mir mehrere Versionen bekannt. Teilweise auch mit glimpflichen Ausgang für den Küchenjungen. Diese enden dann ähnlich wie das Märchen von den Heinzelmännchen einfach mit dem Verschwinden des Zwerges. 

Dieser verschwindet aber nur aus Hardenstein, nicht aus dem Ruhrtal, wie die nächsten Sagen zeigen werden. 

Samstag, 19. April 2025

Auf der Suche nach den Zwergen 3

 Mittlerweile bei Teil 3 angekommen schauen wir uns jetzt einmal an, was Zwerge so treiben. 

Auch wenn sie in Märchen oder Sagen oft als Einzelpersonen auftreten, so leben sie doch als Volk zusammen und werden von Königen regiert. Wir kennen da z.B. Laurin, Alberich und Goldemar. 

Da sie unter der Erde leben, sind sie naturgemäß Bergarbeiter und graben nach allerlei Bodenschätzen, insbesondere nach Gold. Hin und wieder helfen sie dabei auch menschlichen Bergleuten. 

Die ausgegrabenen Rohstoffe verwerten sie auch gleich. Zwerge sind begabte Schmiede und dabei auch noch zauberkundig. In der germanischen Mythologie schmieden sie nicht nur Thors Hammer (Mjölnir) und Odins Speer (Gungnir), sondern stellen auf das Schiff Skidbladnir für den Wanengott Freyr oder das goldene Haar für Thors Frau Sif her. 

Die Geschichte hierzu finden wir in der Skáldskaparmál, der Lehre von der Dichtersprache, im dritten Teil der Snorra-Edda. Hier wettet der Gott Loki mit den Zwergen:


Loki, Laufeyjas Sohn, hatte der Sif in hinterlistiger Weise alles Haar abgeschoren. 

Als Thor das gewahrte, ergriff er Loki und würde ihm alle Knochen zerschlagen haben, wenn er nicht geschworen hätte, von den Schwarzelfen zu erlangen, dass er der Sif Haare von Gold machte, die wie anderes Haar wachsen sollten. 

Darauf fuhr Loki zu den Zwergen, die Iwaldis Söhne heißen. Diese machten das Haar und zugleich Skidbladnir und den Spieß Odins, der Gungnir heißt. 

Da verwettete Loki sein Haupt mit dem Zwerge, der Brock heißt, dass dessen Bruder Sindri nicht drei ebenso gute Kleinode machen könnte, wie diese wären. Und als sie zu der Schmiede kamen, legte Sindri eine Schweinshaut in die Esse und gebot dem Brock zu blasen und nicht eher aufzuhören, bis er aus der Esse nähme, was er hineingelegt. 

Aber sobald Sindri aus der Schmiede gegangen war und Brock blies, setzte sich eine Fliege auf seine Hand und stach ihn. Dennoch hörte er nicht auf mit Blasen bis der Schmied das Werk aus der Esse nahm. 

Da war es ein Eber mit goldenen Borsten. 

Darauf legte er Gold ins Feuer und gebot ihm, zu blasen und nicht eher mit Blasen abzulassen, bis er zurückkäme. Er ging hinaus; aber die Fliege kam wieder, setzte sich jenem auf den Hals und stach nun noch einmal so stark; doch fuhr er fort zu blasen bis der Schmied aus der Esse einen Goldring zog, der Draupnir heißt. 

Darauf legte er Eisen in die Esse und hieß ihn blasen und sagte, alles sei vergebens, wenn er mit Blasen innehielte. Da setzte sich ihm eine Fliege zwischen die Augen und stach ihm in die Augenlider, und als das Blut ihm in die Augen troff, dass er nichts mehr sah, griff er schnell mit der Hand zu, während der Blasbalg ruhte, und jagte die Fliege fort. Da kam der Schmied zurück und sagte, beinahe wäre das nun völlig verdorben, was in der Esse läge. 

Darauf zog er einen Hammer aus der Esse. 

Alle diese Kleinode legte er darauf seinem Bruder Brock in die Hände und hieß ihn damit gen Asgard fahren, die Wette zu lösen. 

Als nun er und Loki ihre Kleinode brachten, setzten sich die Götter auf ihre Richterstühle, und es sollte das Urteil gelten, das Odin, Thor und Freyr sprächen. 

Da gab Loki dem Odin den Spieß Gungnir, dem Thor das Haar für die Sif und dem Freyr den Skidbladnir und nannte die Eigenschaften dieser Kleinode, dass der Spieß nie sein Ziel verfehle, das Haar wachse, sobald es auf Sifs Haupt komme, und Skidbladnir immer Fahrwind habe, sobald die Segel aufgezogen würden, wohin man auch fahren wollte; und zugleich könne man das Schiff nach Belieben zusammen falten wie ein Tuch und in der Tasche tragen. 

Darauf brachte Brock seine Kleinode hervor und gab dem Odin den Ring und sagte, in jeder neunten Nacht würden acht ebenso kostbare Ringe von ihm niederträufeln. 

Dem Freyr gab er den Eber und sagte, er renne durch Luft und Wasser Tag und Nacht, schneller als irgendein Pferd, und nie wäre es so finster in der Nacht oder im Dunkelwald, dass es nicht hell genug würde, wohin er auch führe, so leuchteten seine Borsten. 

Dem Thor gab er den Hammer und sagte, er möge so stark damit schlagen, als er wolle, was ihm auch vorkäme, ohne dass der Hammer Schaden nähme; und wohin er ihn auch werfe, so solle er ihn doch nicht verlieren, und nie solle er so weit fliegen, dass er nicht in seine Hand zurückkehre, und wenn es ihm beliebe, solle er so klein werden, dass er ihn im Busen verbergen könne. Er habe nur den Fehler, dass sein Stiel zu kurz geraten sei. 

Da urteilten die Götter, der Hammer sei das Beste von allen Kleinoden und die beste Wehr wider die Hrimthursen, und sie entschieden die Wette dahin, dass der Zwerg gewonnen habe. 

Da erbot sich Loki, sein Haupt zu lösen; aber der Zwerg antwortete, darauf dürfe er nicht hoffen. So nimm mich denn, sagte Loki; aber als jener ihn fassen wollte, war er schon weit fort, denn Loki hatte Schuhe, die ihn durch Luft und Wasser trugen. 

Da bat der Zwerg den Thor, ihn zu ergreifen, und dieser tat es. 

Da wollte der Zwerg Lokis Haupt abhauen, aber Loki sagte, nur das Haupt sei sein, nicht der Hals. 

Da nahm der Zwerg einen Riemen und ein Messer und wollte Löcher in Lokis Lippen schneiden und ihm den Mund zusammennähen; aber das Messer schnitt nicht. Da sagte er, besser wäre es, wenn er seines Bruders Ahle hätte, und in dem Augenblick, als er sie nannte, war sie bei ihm und durchbohrte jenem die Lippen. Da nähte er ihm den Mund zusammen und riß den Riemen am Ende der Naht ab. Der Riemen, womit er dem Loki den Mund zusammennähte, hieß Wartari 

(Quelle: Snorra Edda, in der Übersetzung von Karl Simrock, Skaldskäparmal, Lokis Wette mit den Zwergen)


In den nächsten Teilen sehen wir uns einen der Zwergenkönige genauer an. 


Sonntag, 13. April 2025

Auf der Suche nach den Zwergen 2


Zu Beginn unserer Zwergensuche schauen wir erst einmal nach, wo die überhaupt her stammen und werfen hierzu einen Blick in die germanische Mythologie. 

 
Das erste Lebewesen war der Urzeitriese Ymir, Die ersten Götter Odin, Vili und Vé, töteten Ymir und schufen aus ihm die Welt:

Aus Ymirs Fleisch ward die Erde geschaffen, 
Aus dem Schweiße die See,
Aus dem Gebein die Berge, die Bäume aus dem Haar,
Aus der Hirnschale der Himmel.
Aus den Augenbrauen schufen gütge Asen
Midgard den Menschensöhnen;
Aber aus seinem Hirn sind alle hartgemuten
Wolken erschaffen worden.

(Quelle: Snorra Edda, in der Übersetzung von Karl Simrock, Gylfaginning - Gylfis Visionen)



Zur Entstehung der Zwerge verrät uns die Snorra Edda folgendes:


Danach setzten sich die Götter auf ihre Hochsitze und hielten Rat und Gericht, und gedachten, wie die Zwerge belebt würden im Staub und in der Erde gleich Maden im Fleisch. Die Zwerge waren zuerst erschaffen worden und hatten Leben erhalten in Ymirs Fleisch und waren da Maden. Aber nun nach dem Ausspruch der Götter erhielten sie Menschenwitz und Menschengestalt und wohnten in der Erde und im Gestein. Modsognir hieß einer dieser Zwerge und ein anderer Durin, wie es in der Wöluspa heißt:

Da gingen die Berater zu den Richterstühlen,
Hochheilge Götter hielten Rat,
Wer schaffen sollte der Zwerge Geschlecht
Aus des Meerriesen Blut und blauen Gliedern.
Da ward Modsognir der mächtigste
Dieser Zwerge, und Durin nach ihm.
Manche noch machten sie menschengleich
Der Zwerge von Erde wie Durin angab.

(Quelle: Snorra Edda, in der Übersetzung von Karl Simrock, Gylfaginning - Gylfis Visionen)


Die Zwerge lebten also zunächst als Maden im Fleisch des Urriesen (ich vermute es ist eher "wie Maden" gemeint), das ja, wie wir oben erfahren haben, die Erde wurde.

In den nächsten Strophen werden dann namentlich Zwerge aufgezählt. Außer dem oben bereit erwähnten Durin finden wir dort auch z.B. einen Thorin und einen Gandalf. 

Damit könnten wir jetzt eine Hypothese aufstellen, woher Tolkien die Ideen zu seinen Zwergennamen hatte. 

Anders die Schöpfungsgeschichte in der Lieder Edda. Hier ist im Eingangsgedicht, der Völuspa von Maden nicht die Rede:

Da gingen die Berater
Zu den Richterstühlen,
Die hochheilgen Götter,
und hielten Rat,
Wer schaffen sollte
Der Zwerge Geschlecht
Aus Brimirs Blut
Und Blains Gliedern.

(Quelle: Völuspa, Der Seherin Gesicht, Lieder-Edda, Übersetzung von Karl Simrock)

Hiernach wurden die Zwerge also aus Blut und Kochen der Riesen Brimir und Blain geschaffen.


Dienstag, 8. April 2025

Frühes Manuskript der Artus-Sage entdeckt!

Im Einband eines Registerbuches aus dem 16. Jahrhundert haben Historiker in Cambridge, Fragmente der Sage um König Artus und Merlin entdeckt.

Der aus der Zeit von 1275 bis 1315 stammende, handgeschriebene Text, soll zwei Geschichten enthalten, wobei es bei der einen um einen siegreichen Kampf des Ritters Gawain gegen die Sachsen und bei der zweiten um ein höfisches Fest gehen soll, an dem Merlin verwandelt als Harfenspieler teilnimmt.

2019 wurden die Fragmente zufällig identifiziert. Unter anderen durch die Verwendung von Mikrotomografie und Multispektral-Bildgebung, konnten die Texte in einen mehrjährigen Projekt nun virtuell rekonstruiert und sichtbar gemacht werden.

Die rekonstruierten Seiten sind über die Cambridge Digital Library frei zugänglich:

Link


Quelle:

University of Cambridge

Montag, 7. April 2025

Geschichten vom Knüppelhund, Teil 3


Nach dem letzten Teil verlassen wir nun Hattingen und ziehen die Ruhr hinauf bis Schwerte, wo unser Hund auch in Erscheinung getreten sein soll:

_

Der Tag nahm heute wieder kein Ende. Georg schulterte erneut einen Sack Korn und trug ihn leise stöhnend rüber zu den anderen Säcken. So langsam schmerzte ihm der Rücken. Den ganzen Tag schon arbeitete die Gruppe in der großen Scheune in der Mähestrecke und drosch Korn. 

Und den ganzen Tag schon ging Hartmut, das Großmaul, allen auf die Nerven. Der erzählte wieder jeden, der es nicht hören wollte von seinen Heldentaten. Jetzt wurde er allerdings von der Kirchenglocke unterbrochen, die nun zehn mal schlug. 

Georg seufzte. So spät schon. Um diese Zeit ging sonst niemand mehr hinaus. Ein unheimlicher Hund trieb hier nachts sein Unwesen und lief bis zum Morgengrauen durch die Straßen. Riesig groß war er, pechschwarz und an seinen Hals hing ein Stock, den er hinter sich her zog. Hartmut behauptete natürlich, dass er ihn schon mehrmals verscheucht hätte, aber nicht nur Georg zweifelte an diesen Geschichten. 

Die Glocke war kaum verklungen, als die Drescher von draußen ein schleifendes Geräusch hörten. Im Mondlicht war der Knüppelhund zu sehen, der ruhig an der Scheune vorbei ging und dabei seinen Stock hinter sich her zog. 

Georg hielt einen Moment den Atem an, aber der Hund zog ohne die Drescher zu beachten an der Scheune vorbei. Gerade als Georg wieder aufatmete brüllte Hartmut los: "Hey Knüppelhund! Knüppelhund! Was läufst du hier herum?"

Da blieb der Hund stehen, fletschte die Zähne und ging langsam auf die Scheune zu. Seine Augen begannen zu glühen und mit jeden Schritt wurde er größer. Schnell warf Georg das Scheunentor zu und legte den Riegel vor, aber der Hund war mittlerweile so groß wie ein Pferd und blickte mit glühenden Augen über das Tor in die Scheune, Ängstlich flüchtete die Gruppe über eine Treppe in die obere Kammer der Scheune. Doch der Hund war weiter gewachsen und schaute jetzt auch dort durch das Fenster. 

Ängstlich wimmernd drückte sich die Gruppe in die hinterste Ecke der Kammer. Einen Moment, der Georg endlos erschien, schaute der Hund noch durch das Fenster, dann knurrte er noch einmal, drehte sich um und verschwand. 

Georg atmete auf. Und auch Hartmut schien sich schnell zu erholen und setzte zu einen Kommentar an.

Aber da hatte Georg ihn schon am Kragen gepackt: "Noch ein Wort Freundchen! Noch ein Wort, dann..."

_


Das waren jetzt drei Erzählungen zu einer in Westfalen weit verbreiteten Sagengestalt. Zwischen Witten und Schwerte konnte ich leider bisher keine Sagen zum Knüppelhund finden. In Arnsberg, im Sauerland, taucht er wieder auf. Dort soll er einen Schatz bewachen. Das tut er angeblich auch in Herne. 

Wie in der Geschichte oben erzählt, darf man ihn nicht verspotten oder ärgern. Dann wird er sauer. Gewöhnlich tut er aber niemanden was, obwohl er ja, wie uns die zweite Geschichte schilderte, zu Lebzeiten ein übler Schurke von einen Raubritter gewesen sein soll. 

In einer weiteren mir bekannte Sage aus dem Sauerland trat er allerdings als Todesbote auf. Das halte ich aber für eine Verwechslung oder Vermischung mit der Sage vom "Schwarzen Hund", der nicht nur in Deutschland, sondern auch in britischen Sagen als "Black Shuck" in East Anglia, oder als "Barghest" in Yorkshire umherstreift. Allen diesen Hunden ist gemein, dass sie sehr groß sind und durch leuchtende oder glühende Augen auffallen. Aber wie gesagt, anders als seine oben genannten Vettern, tut der Knüppelhund niemanden etwas. 

Damit schließe ich diese Reihe zunächst einmal und wende mich anderen Themen zu. Aber wer weiß? Vielleicht komme ich ja in Zukunft noch einmal auf den einen oder anderen Hund zurück. 



Sonntag, 6. April 2025

Geschichten vom Knüppelhund, Teil 2

Hat euch die Geschichte vom Knüppelhund gefallen? 

Der Knüppelhund, auch Knüppelrüen oder Knüppelrüde genannt, kommt nicht nur an der Ruhr, sondern auch in anderen Gegenden Westfalens vor. Die Sagen ähneln sich dabei häufig.

Oft sind sie auch sehr kurz gehalten.

Als ich zum Beispiel das erste Mal vom Knüppelhund hörte, bestand sie nur aus zwei Sätzen::

In Steinhausen war mal nachts ein Kutscher unterwegs. Da sprang ein großer schwarzer Hund aus dem Gebüsch, der einen großen Knüppel im Maul trug und verfolgte ihn. 

Ende. Das wars! Da kann man ja gleich erzählen:

Vor 200 Jahren ist hier mal ein Hund hinter einer Karre hergerannt.

Da bleiben Fragen offen! Wo wollte der Kutscher hin? Wer war er? Warum war er nachts unterwegs? Was war am Hund ungewöhnlich? 

Die Geschichte habe ich deshalb ein wenig ergänzt. Überhaupt scheint mit der Zeit viel von der Sage verloren gegangen zu sein. Zum Beispiel warum der Hund herumspukt oder wieso er einen Knüppel am Hals trägt.

Aufschluss hierüber gibt uns eine Sage aus Blankenstein, einen hübschen Ort an der Ruhr mit einer schönen Burgruine, heute ein Stadtteil von Hattingen. 



Burg Blankenstein


In Blankenstein an der Ruhr lebte vor vielen Jahren ein Ritter. Der Mann war ein wirklich übler Schurke, der mit seiner Bande von Knechten in der Burg lebte und seinen Lebensunterhalt mit Raub und Diebstahl bestritt. Darüber hinaus bereitete es ihm Freude seine Mitmenschen, insbesondere die Bauern der Umgebung zu seinen Vergnügen zu quälen. Besonders auf einen der Bauern, einen freundlichen älteren Mann, der bei seinen Nachbarn sehr beliebt war, hatte er es abgesehen.

Der Bauer hatte einen großen, sehr gehorsamen Hund, den er über alles liebte und mit dem er täglich an an den Feldern spazieren ging.

Unser Schurke, den man ohne Zweifel einen Raubritter nennen konnte, fasste den Plan, den Bauern ein wenig zu schikanieren und ihm nebenbei den Hund zu rauben. Nicht weil er gerne einen Hund hätte, sondern nur weil er anderen die Butter auf dem Brot nicht gönnte. 

Als der Bauer am nächsten Tag wieder mit seinem Hund raus ging, wurde er von den Knechten umzingelt, die ihn schlugen und auf ihn eintraten. Der Ritter führte einen Holzstock mit, an dessen Ende er eine Schlinge geknotet hatte, die er den Hund um den Hals legte und ihn damit würgte.. 

Der Bauer, der sah, wie man mit seinen geliebten Hund umging, leistete so heftig Widerstand, dass ihn die Knechte schließlich tot schlugen, Sterbend verfluchte er noch den Ritter: "Verdammt sollst du sein und ruhelos als Hund mit einen Knüppel um den Hals durch das Ruhrtal wandern!"

Die Knechte lachten höhnisch, doch da verfinsterte sich der Himmel und ein heftiges Gewitter ging über der Ruhr nieder und alle suchten zügig Schutz. Schnell klarte es wieder auf, doch die Knechte konnten ihren Herrn nirgendwo mehr finden. Er war und blieb verschwunden. 

Erst als der Bauer zwei Tage später beigesetzt wurde, erschien in der folgenden Nacht zum ersten Mal der Knüppelhund und zieht seitdem an der Ruhr entlang. 

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Das war es dann erst einmal für heute. Eine weitere Geschichte vom großen schwarzen Hund wird aber noch folgen. 

Samstag, 5. April 2025

Geschichten vom Knüppelhund

Vor zwei Wochen war ich mit einer Freundin in Witten im Muttental wandern, wobei wir unter anderen auch am Schloss Steinhausen vorbeigekommen sind. 

Hierzu fiel mir dann auch eine alte Sage ein, die ich vor ein paar Jahren mal gehört habe. 

Wer in der Dunkelheit durch die Wälder des Ruhrtales wandert, der kann ihm dort begegnen. Einen schwarzen Hund, viel größer als normale Hunde, mit riesigen Maul und flammend roten Augen. Um den Hals trägt er eine Schlinge, an der ein Stock hängt, den er hinter sich her schleift. 

Er begleitet den Wanderer ein Stück und seine Erscheinung soll diese mahnen achtsam mit der Natur umzugehen. 

Wenn ihr ihn seht, seid respektvoll, geht ruhig weiter und sprecht ihn nicht an. Der Knüppelhund ist leicht reizbar. 

Und wenn ihr flüchtet, so verfolgt er euch. Er ist eben ein Hund.

Die folgende Geschichte habe ich vor einigen Jahren mal gehört. Was ich seitdem vergessen habe, erfinde ich einfach neu. 

Der Kutscher Heinrich fluchte lautstark auf Kutsche, Pferd, Fracht und die Welt im Allgemeinen, während er wiederholt gegen das rechte hintere Rad seiner Kutsche trat. Heute war nicht sein Tag. Erst diese späte Fracht zum Schloss, die nicht bis Morgen warten konnte, dann noch die Wartezeit an der Ruhrfähre und nun blieb er auch noch mit dem Wagen im Schlamm stecken. Und das mitten im Wald. Weit und breit niemand der ihm helfen konnte den Wagen aus dem Morast zu ziehen. Es half alles nichts. Mühsam lud er den Wagen ab. Immer Stück für Stück, bis sein Pferd es schaffte den Wagen zu befreien. Dann musste er den Wagen natürlich wieder beladen. Er sollte längst wieder zu Hause sein, wo seine Frau und die Kinder auf ihn warteten. Nun fragte er sich, ob er es heute überhaupt noch schaffen würde. Denn mittlerweile wurde es schon dunkel und dann noch den Weg zurück finden würde schwierig und auch der Fährmann würde kaum noch bereit sein ihn überzusetzen. Da müsste er wohl im Schloss übernachten. 

Er war gerade wieder auf den Kutschbock geklettert, als er ein Rascheln im Unterholz hörte. Ein riesiger schwarzer Hund, groß wie ein Kalb, sprang aus dem Gebüsch und blickte Heinrich mit glühenden Augen bedrohlich an. 

Heinrich schrie in Panik auf und schlug mit der Peitsche auf sein Pferd ein, dass sofort im wilden Galopp losrannte. Doch so schnell er auch fuhr, den Hund, der direkt neben dem Wagen herrannte konnte er nicht abhängen. In Todesangst erreichte er schließlich das Schloss, wo die  Bewohner durch sein lautes Geschrei längst aufmerksam geworden waren. 

Als er sich noch einmal umdrehte, war der Hund verschwunden. Außer Heinrich hatte den Hund auch niemand gesehen und natürlich glaubte man ihn kein Wort.  

Aber wenigstens konnte er über Nacht bleiben, keine zehn Pferde hätten ihn jetzt noch aus dem Schloss herausbekommen. 


Und wenn ihr jetzt wissen wollt, warum die Überschrift "Geschichten vom Knüppelhund" heißt, obwohl ich ja eigentlich nur eine erzähl habe, kann ich euch schon mal verraten, dass ich noch zwei weitere kenne. Da kommt also noch was.