Freitag, 13. Juni 2025

Der Hauptmann von Köpenick (8)

Im Film treffen mittlerweile die Wagen mit den Gefangenen vor der Neuen Wache in Berlin ein. 

Eine kleine Anmerkung zur Neuen Wache, die sich in der Straße Unter den Linden 4 befindet:

Es handelt sich um ein  klassizistisches, von Karl Friedrich Schinkel entworfenes Wachgebäude für das königliche Palais, welches zwischen 1816 und 1818 erbaut wurde. Das Gebäude wurde im 2.Weltkrieg zerstört, aber zwischen 1951 und 1957 wieder aufgebaut. Heute befindet sich in der Neuen Wache die Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.

Der Wachtmeister macht Meldung: "Ich bringe die Gefangenen! Wo ist der Wachhabende?"

Es erscheint ein Leutnant.

Wachtmeister: "Bürgermeister Obermüller, Stadtkämmerer Rosenkrantz auf allerhöchstem Befehl als Gefangene abzuliefern!"

"Na, zeigen se mal her!" 

Der Wachtmeister lässt Bürgermeister und Stadtkämmerer im Kommandoton antreten. 

Der Leutnant fordert den Wachtmeister auf mal seine Order zu zeigen. Die hat er natürlich nicht. 

"Sie müssen doch einen Haftbefehl haben!"

Hat er auch nicht. "Herr Hauptmann haben alles mündlich angeordnet." 

Wird sich alles finden. 

Voigt hat sich mittlerweile in der Bahnhofstoilette wieder umgezogen und die Gefangenen erfahren, dass sie einen Bubenstreich zum Opfer gefallen sind. 

Stadtkämmerer: "Das ist ja empörend! Damit kann man sich doch die ganze Karriere versauen!"

Voigts Soldaten treffen nun auch ein. "Ein Gefreiter, acht Mann aus Köpenick zurück!"

"Scheren sie sich raus!"

Der Oberst entschuldigt sich beim Bürgermeister. Der nickt und meint: "Die Öffentlichkeit wird sich mit dem Fall noch zu beschäftigen haben!"

Oberst: "Das glaube ich auch."

Obermüller geht und die Offiziere beginnen zu lachen. Das Gelächter wird direkt in der nächsten Szene fortgesetzt. Die Gäste eines Cafes amüsieren sich prächtig. Die Zeitung mit dem Artikel über den Hauptmann von Köpenick verkauft sich prächtig. Voigt, der sich dort aufhält, verlässt nervös das Lokal. 

An einer Litfaßsäule liest ein Bürger einen Steckbrief vor. Die Umstehenden lachen und Voigt fällt mit ein. 

Die Presse, auch die internationale berichtet, der Kaiser lacht und die Polizei ermittelt. 

"Schon wieder ein Hauptmann von Köpenick verhaftet!" Der 42. (Da hätten wir wieder die Antwort auf die „endgültige Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest" Aber das ist eine andere Geschichte.)

Voigt geht nun zur Polizei. Sein Angebot: Er liefert den Hauptmann von Köpenick und bekommt dafür einen Pass. 

Der Pass wird versprochen, Voigt stellt sich. 

Alle, auch der Polizeipräsident sind freundlich. Voigt bekommt einen eingeschenkt und wird betrunken. 

"Wie kamen sie denn auf Köpenick?"

"Das war das nächste auf der Bahnstrecke."

Aber wenn er ja gewusst hätte, dass es dort keine Pässe gibt, dann wäre er nach Teltow aufs Kreisamt. 

Voigt verteidigt auch den Bürgermeister: "Das wäre ihnen allen ganz genau so passiert. Das liegt in der Natur der Sache."

Voigt soll die Uniform noch mal anziehen: "Ach lassen se mal! Der Mantel genügt! Die Uniform habe ich gar nicht darunter angehabt.".

In den späteren Filmen zieht Voigt übrigens die Uniform an.

Voigt erklärt, warum er nicht mit dem Geld abgehauen ist und schwärmt von der Zeit nach seiner Haftentlassung. Der Film endet hier mit seinem Schlussmonolog. 

Der Film ist nun zu Ende und ich bin mir nicht sicher, ob ich vielleicht eine gekürzte Fassung gesehen habe. 

Der Film war nämlich nur 81 Minuten lang. Im einen der nächsten Teile werde ich mal aufzählen welche Szenen  ich so vermisst habe


Die Offiziere, die sich schließlich in der Neuem Wache mit dem "festgenommenen" Bürgermeister Dr. Langerhans beschäftigten, waren übrigens der Generaladjutant Graf von Moltke und Major Prinz Joachim Albrecht von Preußen, der gleich mit einen Kriminalbeamten erschien. 

Aber zuerst mal zurück zum echten Voigt. Der beschreibt den weiteren Verlauf so:


"Ich ging dann zu Fuß zum Bahnhof und fuhr mit dem Zuge nach Berlin. 
Hier begab ich mich zunächst in ein der »Neuen Wache« nahegelegenes Café, denn ich war selbst begierig, zu erfahren, welchen Verlauf die Dinge in Berlin nehmen würden. Ich sah von hier aus mit an, wie die Wagen in Berlin eintrafen.

Als ich nach dem Eintreffen des Bürgermeisters vor der »Neuen Wache« erkannt hatte, dass meine Befehle pünktlich ausgeführt waren, verschaffte ich mir einen Zivilanzug und kleidete mich dann sofort um, so dass ich unbemerkt in der späteren Abendstunde meine Wohnung wieder erreichen konnte."
(1)

Soll man dass glauben? Anstatt die Uniform möglichst schnell loszuwerden und unterzutauchen, spielt Voigt weiter den Hauptmann, geht sogar in Berlin in ein Café und beobachtet die Ankunft des Bürgermeisters?

Ich habe da so meine Zweifel.

Seinen Säbel fand man zumindest in der Bahnhofstoilette der Kleinbahn von Mittenwalde. Einzelne Teile der Uniform wurden auf dem Tempelhofer Feld gefunden. 

Keinen Pass erbeutet und sich dann selber gestellt um doch noch einen zu bekommen? Tja, ein deutsches Märchen. Dieser ganze Teil ist von Zuckmayer frei erfunden, 

Die Ermittlungen der Polizei sind schließlich  erfolgreich. Voigt wird verraten. Ausgerechnet von seinen Kumpel und Zellengenossen "Kalle".

Einen Abschnitt seines Buches nennt Voigt deshalb auch "Der Verräter".


"Ich hatte keine Veranlassung zu glauben, dass meine Entdeckung durch die Ermittlung der Polizei erfolgen würde, denn ich war den Personen, mit denen ich in Berührung gekommen war, persönlich unbekannt. Selbst meine Hausgenossen konnten keine Ahnung davon haben, dass ich in irgendeiner Beziehung zu der Köpenicker Affäre gestanden hätte.

Ich bin wiederholt an den Litfaßsäulen gewesen und habe dem Publikum Proklamationen der Behörde vorgelesen.

Die Behörde würde auch den »Hauptmann von Köpenick« noch heute vergeblich suchen, wenn sich nicht ein Judas gefunden hätte, der den ausgesetzten Lohn von dreitausend Mark sich verdienen wollte." (1)

Und woher Kallenberg das wusste?

"Vor etwa sieben Jahren hatte ich im Gespräch mit Gefangenen, die sich darüber unterhielten, wie schwer es sei, mal ein ordentliches Geschäft zu machen, weil man so selten genügend Leute zusammenbekommen könnte, auf die wirklich Verlass wäre, geäußert: »Ihr Einfaltspinsel, wenn ich mich zu derartigen Sachen hergeben wollte, dann würde ich mir einfach Soldaten von der Straße holen!«

Diese hingeworfene Bemerkung hatte sich mein lieber Freund Kallenberg gemerkt. Jetzt war eine derartige Sache wirklich ausgeführt worden, und da entsann er sich sofort unserer damaligen Unterredung.

Er machte von diesem seinem Wissen der Behörde Mitteilung. Da ich stets angemeldet gewohnt habe und auch der Arbeitsplatz, auf dem ich beschäftigt war, den Behörden bekannt war, so war es leicht, meinen Aufenthaltsort festzustellen."
(1)

Nein, nein! Auch das glaube ich nicht. Eine hingeworfene Bemerkung und Kalle kann sich 7 Jahre später noch erinnern? 

Und man würde ihn ohne den "Judas" immer noch vergeblich suchen? Auch hier ein klares "Nein!". 



Ende Teil 8



(1) Voigt, Wilhelm. Wie Ich Hauptmann von Köpenick wurde. Julius Püttmann, 1909, S.107 ff..


(2) Klaußmann, Anton Oskar. Der Falsche Hauptmann von Cöpenick. Verlagshaus für Volksliteratur und Kunst, 1906



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