Mittwoch, 7. Mai 2025

Der Hauptmann von Köpenick (2)

Nachdem Voigt erneut abgewiesen wurde, und den Tip erhalten hat, es mal bei der Industrie zu versuchen , bewirbt er sich in einer Fabrik. 

Prokurist: "Haben sie gedient? Wo haben sie gestanden?"

Voigt: " Gestanden nicht. Nur gesessen!"

Er wird wieder nicht genommen. Letztlich deshalb nicht, weil er keinen Pass hat.  

Im Polizeirevier versucht er deshalb einen zu bekommen, 

Kommissar: "Solange sie keine Arbeit haben, da kriegen sie auch keine Papiere!" 

Die Situation wird im Film so dargestellt, das Voigt nicht arbeiten kann, weil er keinen Pass besitzt und keinen Pass bekommt, weil er keine Arbeit hat. 

Und weil er keinen Pass hat kann er auch das Land nicht verlassen. 

Seine Problemlösung: Er bricht mit Kalle in das Polizeirevier ein um sich einen Pass zu beschaffen. 

Den muss er allerdings zunächst überreden. In einen Cafe setzt sich eine Prostituierte zu beiden, die allerdings schnell zu einen betrunkenen Soldaten wechselt. Das passt Kalle überhaupt nicht. Es kommt zum Streit. 

Hauptmann von Schlettow, aktueller Besitzer der Uniform ist auch dort und über das Verhalten des Soldaten empört. Er stellt diesen zur Rede. Da er aber keine Uniform trägt, glaubt ihn niemand, dass er Hauptmann ist, weshalb es zu einer Rangelei kommt. Auch der eintreffende Wachtmeister nimmt von Schlettow den Hauptmann nicht ab. Er wird verhaftet. 

Kalle lässt sich überzeugen in das Polizeirevier einzubrechen. Er will allerdings keinen Pass, sondern die Kasse und nimmt auch eine Pistole mit. 

Natürlich werden die beiden erwischt. Voigt wird zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. 

Soweit der Film. Tatsächlich hat Voigt nicht in ein Polizeirevier in Berlin eingebrochen, sondern in die Gerichtskasse in Wongrowitz. Da ging es auch um die Kasse und nicht um einen Pass. Dafür erhielt er eine Strafe von 15 Jahren Zuchthaus. Wongrowitz ist übrigens eine Kleinstadt im heutigen Polen. 

Im Film: Hauptmann von Schlottow probiert zum letzten Mal seine nun perfekt sitzende Uniform an und gibt sie dann in Kommission. Aufgrund des Skandals musste er den Dienst quittieren. 

"Plan geändert Wabschke! Werd mal ein bisschen Landwirtschaft treiben. Hatte schon immer so was vor. Ist ja auch viel besser. Aus mit`m bunten Rock!"

Wilhelm Voigt lernt unterdessen in der Königlichen Preußischen Strafanstalt Sonnenburg die Felddienstordnung und das Exerzieren, sehr zur Freude des Zuchthausdirektors. 

In Sonnenburg, heute Słońsk in Polen, wurde 1832 ein Zuchthaus errichtet. Wegen der schlechten sanitären Bedingungen wurde das Zuchthaus 1930 wieder geschlossen. Ab 1933 wurde es durch die Nationalsozialisten wieder in Betrieb genommen und als "Staatliches Konzentrationslager" der Berliner Polizei genutzt, wo 1200 politische Gefangene misshandelt und gefoltert wurden. 1934 wurde das Konzentrationslager wieder in ein  Zuchthaus umgewandelt. 

Am 30.Januar 1945 ließ der SS-Hauptsturmführer Wilhelm Nickel, kurz vor Eintreffen der Roten Armee dort 800 Gefangene erschießen. Nur drei Gefangene überlebten das Massaker.  

Heute befindet sich dort das Martyriumsmuseum Sonnenburg (Muzeum Martyrologii w Słońsku). (1)

Zurück zu Wilhelm Voigt.  In seiner Gerichtsverhandlung zu seiner Köpenickiade  gab er auf Befragen des Vorsitzenden, Landgerichtsdirektors Dietz, zu seinen militärischen Kenntnissen folgendes an: 

Er sei seiner Bestrafungen wegen nicht Soldat gewesen. Seine Eltern haben in Tilsit gegenüber der Dragonerkaserne gewohnt. Sein Vater, ein Schuhmachermeister, bei dem er das Schuhmacherhandwerk erlernt, habe viel für die Offiziere und Mannschaften gearbeitet. Er hatte daher Gelegenheit, viel in der Kaserne zu verkehren; dadurch habe er alle militärischen Kommandos kennen gelernt. (2)


Quellen: 

1  https://www.memorialmuseums.org/memorialmuseum/martyriumsmuseum-sonnenburg

2  Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1.  Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 141.


Ende Teil 2

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