Freitag, 30. Mai 2025

Der Hauptmann von Köpenick (6)

Weiter im Film:

Ein Bürger fragt den Polizist im Rathaus nach dem Weg. "Ich hab hier ne Vorladung wegen meiner Kartoffeln!"

Der beschreibt schnell und knapp den Weg. Die Bitte ihm den Weg zu zeigen lehnt der Wachtmeister ab. Er hat gerade Besseres zu tun. Er gönnt sich einen Imbiss und eine Berliner Weisse. 

Von draußen ist Voigt und seine Truppe zu hören. 

 Polizist: "Was ist denn da los?

"Die Wache zieht auf!

"Was heißt hier Wache? In Köpenick gibt es doch keine Wache!"

Voigt betritt das Rathaus und ruft den Polizisten zu sich. Voigt fragt nach den Ausgängen und lässt diese dann besetzen. 

Die Eingänge werden geschlossen. Das Rathaus darf niemand ohne seine persönliche Erlaubnis betreten oder verlassen. 

Der Bürgermeister von Köpenick diktiert gerade einen Brief, als die Tür geöffnet wird und der Polizist in den Raum tritt. 

"Was soll denn das heißen? Wie können sie herein  kommen ohne anzuklopfen?"

Voigt tritt ein und salutiert. "Sind sie der Bürgermeister von Köpenick?"

"Allerdings!

Voigt zum Schreiber: "Gehn se mal raus!"

"Ja was soll denn das?"

"Auf allerhöchstem Befehl seiner Majestät, des Kaisers und Königs erkläre ich sie für verhaftet! Habe den Auftrag, sie sofort nach der Neuen Wache in Berlin zu bringen! Machen sie sich fertig!" 

"Wieso denn überhaupt? Das muss doch ein Irrtum sein!"

Voigt zeigt auf die Soldaten und brüllt: "Genügt ihnen das nicht?" 

Der Bürgermeister protestiert. Voigt mault ihn an: "Haben sie gedient?"

Der Bürgermeister ist Oberleutnant der Reserve. Voigt erklärt: "Befehl ist Befehl! Hinterher können sie sich beschweren!"

Voigt stellt den Bürgermeister unter Bewachung. Den Gefreiten schickt er los, nachsehen, was der Polizeiinspektor macht. 

Der Bürgermeister bittet darum, seine Frau benachrichtigen zu dürfen. Voigt schickt daraufhin den Wachtmeister los: "Holn se mal Frau Bürgermeister her! Aber trapp trapp, wir bleiben hier nich lange!"

Der Bürgermeister darf bis zum Abtransport ungehindert mit seiner Frau verkehren. Natürlich nur unter militärischer Bewachung. 

Der Gendarm meldet, dass der Polizeiinspektor schläft. Voigt geht ihn wecken und erteilt ihn gleich einen ordentlichen Anpfiff und erteilt ihn dann den Auftrag runter zur Straße zu gehen und für Ruhe und Ordnung zu sorgen. 

Der kann allerdings zunächst das Rathaus nicht verlassen. "Befehl von Herrn Hauptmann! Hier kann keiner raus! Zurück!"

Voigt sucht nun die Stadtkasse und den Stadtkämmerer Rosenkrantz auf. 

Im wahren Leben war der Mann der Rendant der Stadt Köpenick und hieß von Wiltberg. 

Dieser soll einen vollständigen Kassenabschluss machen. Rosenkrantz lehnt zunächst ab. Ohne Beschluss der Verwaltung möchte er nicht.

Voigt: "Die Verwaltung der Stadt Köpenick bin ich! Ich muss den Bürgermeister und leider auch sie vorläufig in Haft nehmen!"

Rosenkrantz ist sprachlos.

"Ich gebe ihnen 10 Minuten! Genügt ihnen das?"

"Ich werde mich beeilen Herr Hauptmann."

Zwei Mann lässt Voigt als Wache zurück. 

Derweil empören sich die Stadträte: "Juristisch genommen Freiheitsberaubung! Freiheitsberaubung!"

Als Voigt hinzutritt wird aus laut kleinlaut. Einer der Stadträte geht zu ihn und macht einen ordentlichen Bückling: 

"Entschuldigen sie Herr Hauptmann, gestatten sie dass ich mich ihnen vorstelle? Stadtrat Komenius. Wir sind hier 17 Stadträte und wir hatten hier eben eine Ausschusssitzung. Nun möchten wir sie dringend bitten, dass wir doch nach Hause zum Essen gehen dürfen!"

"Tut mir leid! Durchlass kann nicht gewährt werden!"

Mittlerweile trifft Frau Bürgermeister bei Herrn Bürgermeister ein: "Gut dass du kommst!"

"Ja was ist denn los? Du kannst doch nicht einfach so da sitzen!"

Doch, er kann. Er muss sogar. Was soll er denn tun? Erst einmal lehnt er jede Verantwortung ab. 

"Der Mann tut einfach seine Pflicht! Er hat Befehl und Befehl ist Befehl!"

"Was hat er dir denn für eine Legitimation gezeigt?

Natürlich gar keine. Der Mann ist doch Hauptmann. Frau Bürgermeister sieht aber Klärungsbedarf. Ihr Mann soll sofort telefonieren. Er versucht zumindest den Hörer abzuheben, aber die Wache "kann das nicht leiden." Gewehr und Bajonett werden gesenkt, da hat dann auch das Telefonieren "gar keinen Zweck". 

In der Zwischenzeit sitzt Voigt seelenruhig im Ratskeller, nimmt ein Mittagsessen zu sich und beschwert sich beim Kellner über die Semmeln von gestern. 

Rosenkrantz zählt derweil die Kasse und wird von einen Mitarbeiter gefragt, wie er die denn einfach aushändigen kann. 

"Ach sie! Sie ham ja nicht gedient! Waren ja untauglich!" Bloß keine Gehorsamsverweigerung. Der Ungediente scheint nicht überzeugt: "Auf ihre Verantwortung!"

"Ja natürlich auf meine Verantwortung!".

Tja, Befehl ist Befehl. Ist mit so ungedienten Leuten schon lächerlich. 

Frau Bürgermeister trifft nun auf Voigt und gibt sich liebenswürdig: "Ach Herr Hauptmann. Ist denn da gar nichts zu ändern?" 

"Leider nein gnädige Frau!" Als Offizier muss Voigt natürlich seine Pflicht tun. 

Da war doch noch was? Ach ja, Der Pass! 

Wachtmeister: "Herr Hauptmann! Wir haben hier leider keine Passabteilung!" 

Die gibt es nur auf dem Landratsamt in Kreisstädten. Also kein Pass für Voigt. Dafür übernimmt er nun die Kasse. Da fehlen doch tatsächlich 33 Pfennig. Voigt vermerkt das auf der Quittung und steckt die Kasse in die Manteltaschen. 

Der Wachtmeister hat Befehl den Bürgermeister nach Berlin zu bringen. Er zeigt sich nun gegenüber diesen als respektlos. "Ich habe mit Gefangenen nicht zu reden!"

Bürgermeister: "Unverschämtheit!"

Frau Bürgermeister möchte ihren Mann gerne begleiten. Voigt gestattet das, bittet sie aber den Wagen vor der Neuen Wache in Berlin zu verlassen. 

Den Bürgermeister bittet er als Offizier um sein Ehrenwort keinen Fluchtversuch zu machen. 

Die 17 Stadträte dürfen nun auch gehen. 

Die Szene im Rathaus Köpenick endet hier. Es geht dann erst mit der Ankunft des Bürgermeisters in Berlin weiter. 


Ende Teil 6

Freitag, 16. Mai 2025

Der Hauptmann von Köpenick (5)

Im Film schreitet Wilhelm Voigt nun zur Tat, Zum Umziehen sucht er mit dem Pappkarton, welcher die Uniform enthält, die Bahnhofstoilette auf. Zur gleichen Zeit muss ein Bahnbediensteter dringlich aufs Klo. Voigt braucht für das Umziehen aber ein wenig länger. 

Der Eisenbahner verliert die Geduld: "Donnerwetter! Wer macht denn hier so lange?"

Im Film mit Heinz Rühmann ein wenig deftiger: "Zum Donnerwetter! Wer scheißt denn hier so lange?".

"Verdammt noch mal! Wer scheißt denn hier so lange?" in der Version mit Harald Juhnke und im Film mit Rudolf Platte "Jetzt wirds mir aber zu bunt! Herrgott! Wer scheißt denn hier so lange?" 

Die Tür geht auf und Wilhelm Voigt tritt in der Hauptmannsuniform heraus. Die Eisenbahner zucken zusammen und stehen stramm. 

"Haben sie gedient?"

"Jawoll Herr Hauptmann!"

"Dann werden se gelernt haben sich zu beherrschen! Nächste Mal nehmen se sich ein bisschen zusammen!"


Der echte Voigt schreibt in seinem Buch, dass er sich bereits zu Hause umgezogen hat:

"Mit Rücksicht darauf, dass ein später Verlassen meiner Wohnung den Einwohnern des Hauses auffällig erscheinen und gleich zu meiner Entdeckung führen könnte, musste ich so früh als möglich fortgehen. 

So kleidete ich mich denn in meinen Zimmer an und verließ morgens gegen 1/4 vier Uhr  meine Wohnung. 

Zunächst fuhr ich mit dem nächsten Zuge um 4 Uhr früh nach Köpenick, um wenigstens das Rathaus zu sehen, kehrte aber bereits um 6 Uhr nach Berlin zurück, nachdem ich in einen entlegenen besseren Lokal gefrühstückt hatte. Dort verweilte ich einige Stunden und begab mich in einer Droschke nach der Seestraße, stieg dort aus und machte mich mit dem Orte bekannt, wo die Wachen kampierten. 

Nachdem ich mich genügend informiert, suchte ich wieder ein Gartenlokal auf, in welchen ich zu Mittag speiste. 

Auf dem Wege dahin hatte ich noch eine Begegnung mit einen Major der Luftschifferabteilung. Auch das bürgt zur Genüge dafür, dass die so sehr bemängelte Uniform in durchaus tadellosen Zustand war. Nachdem ich gespeist, begab ich mich etwa um 1/2 zwölf Uhr auf den Platz um die Wachen in Empfang zu nehmen." (1)


Voigt zieht die Uniform also bereits in seiner Unterkunft an und schleicht sich dann am frühen Morgen um 03:15 Uhr aus dem Haus. Über 8 Stunden ist er in Berlin und Köpenick unterwegs, bevor er zur Tat schreitet. 

Das kann durchaus als Eingewöhnung oder als Test dafür gesehen werden, ob er in der Uniform ernst genommen wird. 


Zurück zum  Film:

Voigt sammelt sich Soldaten ein. 

" 1 Gefreiter, 4 Mann von der 7.Kompanie, 2. Garderegiment zu Fuß, auf dem Wege von der Schwimmanstalt Wache Plötzensee zur Kaserne." 

Während der Meldung kommt ein  zweiter Trupp, wieder ein Gefreiter und vier Mann vorbei. Diesmal von der 3. Kompanie, 2, Garderegiment zu Fuß, auf dem Weg vom Schießplatz zur Kaserne.  

"Sie marschieren nicht zur Kaserne, sondern folgen mir zu einer besonderen Dienstleistung, auf allerhöchsten Befehl! Gefreiter, sie übernehmen das Kommando! Wir marschieren zum Bahnhof Friedrichstraße und fahren dann nach Köpenick!"

 

Ich seinem Buch teilt Voigt mit, dass er den Gefreiten schickte um die Wache vom Schießstand zu holen, was auch in kürzester Frist geschah (1). 


Es folgt die Fahrt nach Köpenick. 

Frau: "Wo wollt ihr den hin?

1. Soldat: "Wes ich nich!"

Frau: "Das müsst ihr doch wissen."

1. Soldat: "Wes ich doch nich!"

2. Soldat: "Nach Köpenick!"

3. Soldat: "Halts Maul! Geheim!"


Tatsächlich ließ der echte Wilhelm Voigt in Rücksicht darauf, dass er die Mannschaft von der Straße geholt hatte und diese ja nicht in die Kaserne zurück konnte, zunächst im nächsten Bahnhofs-Restaurant ein Bier zu sich nehmen. 

In Rummelsburg musste umgestiegen werden. Weil noch etwas Zeit war, konnte die Mannschaft dort am Buffet auch etwas zu essen zu sich nehmen. Voigt ließ sich den "Einsatz" also durchaus etwas kosten. (1).

Im Film sitzt Voigt in einem Abteil, und raucht verdeckt von einer Zeitung, die er liest. 

Ein Fahrgast: "Sie! Nichtraucher!"

Voigt nimmt die Zeitung herunter. Der Fahrgast erschrickt. "Pardon Herr Hauptmann!" Voigt raucht demonstrativ weiter und schüttelt missbilligend des Kopf. 

Die Truppe kommt in Köpenick vor dem Rathaus an. Voigt lässt die Ausgänge besetzen. 

Ohne seine persönliche Erlaubnis darf niemand das Rathaus betreten oder verlassen. 


Ende Teil 5


1) Voigt, Wilhelm. Wie Ich Hauptmann von Köpenick wurde. Julius Püttmann, 1909, S.102,103.


Dienstag, 13. Mai 2025

Der Hauptmann von Köpenick (4)

 Weiter geht es mit dem Film:

Wilhelm Voigt ist beim Trödler und kauft sich die Uniform. Angeblich braucht er sie für einen Maskenball. Die Szene beginnt mit dem Betrachten der Uniform.

"Tja, ich weiß nich ob ich soll." 

"Sie wissen nicht. Soll ich ihnen was sagen? Ich weiß. Nehmen se was anderes. Müssen se gehen als Hauptmann. Aufn Maskenball will man sich doch amüsieren. Als Hauptmann werden se sich nich amüsieren, wird man sie gleich erkennen, wird man sagen sieht so ein Hauptmann aus?" 

"Ne ne, ich nehm se doch!"

Voigt bemängelt einen fehlenden Stern: "Als Hauptmann muss ich doch zwe Sterne haben!"

Die Uniform soll 20 Mark kosten. Voigt will nur 15 Mark zahlen und dazu noch einen Säbel und einen grauen Offiziersmantel. Der Händler gibt nach. 

Ich muss jetzt sagen, dass bei dieser Szene der Film ein wenig schwächelt. In der Verfilmung von 1960 mit Rudolf Platte ist die Szene viel glaubwürdiger dargestellt. Die Verhandlungen dauern länger. 

Überhaupt, was ist mit einer Mütze, einer Uniformhose, einer Feldbinde... alles was ein Offizier sonst noch braucht?

Auch hier kauft im Film von 1960 Wilhelm Voigt mehr Uniformteile ein. 

Voigt selber lässt sich in seinen Buch "Wie ich der Hauptmann von Köpenick wurde", welches 1909 zum ersten Mal erschien, kaum zur Uniform ein. Er reagiert aber verärgert darüber, dass diese als schäbig kritisiert wurde. Auch behauptet er, dass er auch den passenden Helm besessen hätte. Dieser würde zuhause auf dem Küchentisch stehen. Für seinen Einsatz hätte aber die Mütze gereicht. 

"Genug, ich arbeitete meinen Plan aus und habe bewiesen, dass ich der Mann war, ihn auch durchzuführen. Was soll all das Gerede, womit man an meinen Vorgehen, ja selbst an meiner Uniform herumkritisiert? 

Beispielsweise ich hätte keinen Helm getragen!

Der Helm stand ruhig in meiner Wohnung auf dem Tische. Ich hielt es aber nicht der Sachlage nach nötig, 17 Stunden einen Helm auf dem Kopfe zu tragen zu einer Diensthandlung, die ich bequemer in der Mütze ausführen konnte und wollte."  (1).


Genaueres zur Uniform erfahren wir im Buch von Anton Oskar Klaußmann, Der falsche Hauptmann von Cöpenick, aus dem Jahr 1906:

"Zu den Vorbereitungen des Verbrechens gehörte die Beschaffung der Uniform. Voigt kaufte einen Säbel, den er als Hauptmann tragen wollte. Bald aber überzeugte er sich davon, dass er einen schlechten Kauf gemacht hatte, denn der Säbel gehörte zur Uniform eines Kavallerieoffiziers. 

....

Stückweise kauft sich allmählich Voigt die Uniformteile zusammen. Er macht die Einkäufe nicht in Berlin, wo es vielleicht aufgefallen wäre, dass sich ein Mann von seinen Aussehen eine Uniform beschaffte. Er geht vielmehr in einen kleinen Trödlerladen zu Potsdam. 

...

Der Verbrecher verschaffte sich eine Extrahose, einen Interimsrock, einen Mantel, einen Offizierssäbel und Sporen auch eine Feldbinde.

Da Voigt nicht viel Geld ausgeben wollte, waren die Uniformstücke sämtlich etwas schäbig.

Voigt wusste genau, dass ein Offizier zur Feldbinde einen Helm tragen muss. Er versuchte auch einen solchen zu kaufen, aber bei seiner eigentümlichen Kopfform gelang ihm dies nicht. 

Die Trödlerin hatte zwar alle möglichen Helme, nur keine allzu große Auswahl von Helmen der Offiziere des 1. Garderegimentes zu Fuß.

....

Er kaufte sich in Berlin eine Extramütze, und zwar eine neue Mütze, weil er jedenfalls durch diese ein gewisses Gegengewicht gegen die Schäbigkeit der anderen Uniformstücke haben wollte." (2)



Ende Teil 4



(1) Voigt, Wilhelm. Wie Ich Hauptmann von Köpenick Wurde. Julius Püttmann, 1909, Seiten 98, 99.

(2) Klaußmann, Anton Oskar. Der Falsche Hauptmann von Cöpenick. Verlagshaus für Volksliteratur und Kunst, 1906.


Freitag, 9. Mai 2025

Der Hauptmann von Köpenick (3)

Zurück zum Film und hier zur Geschichte um die Uniform. Dr. Obermüller schlägt mit stolzgeschwellter Brust beim Hoflieferanten Wormser auf. Er wurde zum Leutnant der Reserve ernannt und braucht nun eine Uniform. Wormser nutzt die Gelegenheit und schwatzt Obermüller die in Kommission genommene Uniform auf, obwohl diese einige Nummern zu klein ist und Obermüller darin aussieht wie eine Presswurst. 

"Sitzt wie angegossen!.....Ne Kleinigkeit hier oben, die Falten, die müssen weg, dann unten ein bisschen auslassen, aber ne ganze Kleinigkeit!"

"Eigentlich wollte ich mir ja eine neue nach Maß machen lassen."

"Den Rock nehmen se Herr Leutnant!"

Wormser merkt an, dass er mit der Uniform Glück gehabt hat. 

"Den Rock tragen se noch wenn se mal Bürgermeister von Köpenick sind."

-

Zurück zu Voigt. Der wird 1906 aus der Haft entlassen und taucht in Berlin bei seiner Schwester, Marie Hoprecht, auf, die ihn erst einmal nicht erkennt. 

Dort lernt er dann auch seinen Schwager Friedrich kennen, Wilhelm kann bleiben. Friedrich will ihn bei der Anmeldung und der Arbeitssuche helfen. Auf die Frage, wann er denn geboren ist, antwortet er: "Am 17.Dezember 50!" (Tatsächliches Geburtsdatum Voigts war der 13.Februar 1849)

Der Film lässt offen, ob Wilhelm Voigt direkt nach seiner Haftentlassung zu seiner Schwester zieht. Der echte Voigt zog zunächst nach Wismar. Der Anstaltsgeistliche hatte ihm eine Beschäftigung beim Hofschuhmachermeister Hilbrecht besorgt. Obwohl er sich dort gut führte, konnte er aber nicht bleiben. Das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin erteilte ihm aufgrund seiner Vorstrafen ein Aufenthaltsverbot. Voigt musste weiter ziehen. 

-

Zurück zum Film und zur Uniform. Obermüller, mittlerweile tatsächlich Bürgermeister von Köpenick,  muss zum Kaisermanöver. Seine Uniform ist anscheinend mittlerweile kleiner geworden. Er hat deshalb bei Wormser eine neue bestellt. Die Lieferung verspätet sich aber. Mit Hilfe seiner Frau versucht er die alte Uniform anzuziehen. Dabei reißt ein Stück ab. 

"Na jetzt ist alles aus!"

In letzter Minute erscheint der Zuschneider Wabschke mit der neuen Uniform. Die alte soll er als Anzahlung mitnehmen. 

"Ach die? Die bring ich zum Trödler!". 

Hier ist anzumerken, dass der Bürgermeister von Köpenick 1906 Dr, Georg Langerhans war. Dr. Langerhans. geb. am 23. September 1870 in Frankfurt (Oder), gest. am 8.März 1918 in Lichterfelde, war promovierter Jurist. Dr. Langerhans war zuletzt Oberleutnant der Infanterie. 

Als Bürgermeister war er beliebt und erfolgreich. Aus Scham übers seine Rolle bei der Köpenickiade erklärte er seinen Rücktritt, nahm aber auf Bitte der Stadtverordneten seine Amtsgeschäfte später wieder auf. 



Dr. Georg Langerhans, 1906


Die Uniform landet beim Trödler. "Na, fürn Maskenball wird se noch gehen."

Derweil herrscht bei Wilhelm Voigt Verzweiflung. Statt einer Meldebescheinigung hat er eine Ausweisungsverfügung bekommen und streitet nun mit seinem Schwager.

"Unglück? Das ist kein Glück oder Unglück bei! Ein sauberes und glattes Unrecht ist das!"

"Bei uns da gibt`s kein Unrecht! Bei uns in Deutschland da geht Recht und Ordnung über alles! Du weißt das nicht Wilhelm. Du hast nicht gedient!" 

Wilhelm Voigt geht nun zum Trödler, die Uniform kaufen. 

Und ich gehe nun mal wieder zurück zur Geschichte. Wilhelm Voigt hatte tatsächlich eine Ausreiseverfügung erhalten, hielt sich aber zunächst nicht daran. In seiner Gerichtsverhandlung sagte er aus, dass er als "Schlafbursche" in eine unangemeldete Unterkunft in der Langenstraße 22 zog. Schlafburschen, oder auch Schlafgänger, mieteten lediglich für wenig Geld ein Bett für ein paar Stunden am Tag in der Zeit in der der Bewohner der Wohnung dieses nicht benötigte. Die restliche Wohnung durften sie gewöhnlich nicht nutzen. Seine Arbeitsstelle in einer Schuhfabrik behielt er ebenfalls bei. 
 Aufgrund seines nun illegalen Aufenthaltes standen die Aussichten für eine weitere Beschäftigung allerdings eher schlecht. 
In den Filmen hat Voigt übrigens keine Arbeit. Auch seine damaligen Lebensgefährtin, einer 50 jährigen Nachbarin seiner Schwester, eine Fabrikarbeiterin mit dem Namen Riemer, wird in den Filmen nicht erwähnt. 
Dieser teilte er mit, dass er aufgrund einer Erbschaft verreisen müsse. An seiner Arbeitsstelle erscheint er am 06. Oktober, 10 Tage vor der Köpenickiade  zum letzten Mal. 




Ende Teil 3

Mittwoch, 7. Mai 2025

Der Hauptmann von Köpenick (2)

Nachdem Voigt erneut abgewiesen wurde, und den Tip erhalten hat, es mal bei der Industrie zu versuchen , bewirbt er sich in einer Fabrik. 

Prokurist: "Haben sie gedient? Wo haben sie gestanden?"

Voigt: " Gestanden nicht. Nur gesessen!"

Er wird wieder nicht genommen. Letztlich deshalb nicht, weil er keinen Pass hat.  

Im Polizeirevier versucht er deshalb einen zu bekommen, 

Kommissar: "Solange sie keine Arbeit haben, da kriegen sie auch keine Papiere!" 

Die Situation wird im Film so dargestellt, das Voigt nicht arbeiten kann, weil er keinen Pass besitzt und keinen Pass bekommt, weil er keine Arbeit hat. 

Und weil er keinen Pass hat kann er auch das Land nicht verlassen. 

Seine Problemlösung: Er bricht mit Kalle in das Polizeirevier ein um sich einen Pass zu beschaffen. 

Den muss er allerdings zunächst überreden. In einen Cafe setzt sich eine Prostituierte zu beiden, die allerdings schnell zu einen betrunkenen Soldaten wechselt. Das passt Kalle überhaupt nicht. Es kommt zum Streit. 

Hauptmann von Schlettow, aktueller Besitzer der Uniform ist auch dort und über das Verhalten des Soldaten empört. Er stellt diesen zur Rede. Da er aber keine Uniform trägt, glaubt ihn niemand, dass er Hauptmann ist, weshalb es zu einer Rangelei kommt. Auch der eintreffende Wachtmeister nimmt von Schlettow den Hauptmann nicht ab. Er wird verhaftet. 

Kalle lässt sich überzeugen in das Polizeirevier einzubrechen. Er will allerdings keinen Pass, sondern die Kasse und nimmt auch eine Pistole mit. 

Natürlich werden die beiden erwischt. Voigt wird zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. 

Soweit der Film. Tatsächlich hat Voigt nicht in ein Polizeirevier in Berlin eingebrochen, sondern in die Gerichtskasse in Wongrowitz. Da ging es auch um die Kasse und nicht um einen Pass. Dafür erhielt er eine Strafe von 15 Jahren Zuchthaus. Wongrowitz ist übrigens eine Kleinstadt im heutigen Polen. 

Im Film: Hauptmann von Schlottow probiert zum letzten Mal seine nun perfekt sitzende Uniform an und gibt sie dann in Kommission. Aufgrund des Skandals musste er den Dienst quittieren. 

"Plan geändert Wabschke! Werd mal ein bisschen Landwirtschaft treiben. Hatte schon immer so was vor. Ist ja auch viel besser. Aus mit`m bunten Rock!"

Wilhelm Voigt lernt unterdessen in der Königlichen Preußischen Strafanstalt Sonnenburg die Felddienstordnung und das Exerzieren, sehr zur Freude des Zuchthausdirektors. 

In Sonnenburg, heute Słońsk in Polen, wurde 1832 ein Zuchthaus errichtet. Wegen der schlechten sanitären Bedingungen wurde das Zuchthaus 1930 wieder geschlossen. Ab 1933 wurde es durch die Nationalsozialisten wieder in Betrieb genommen und als "Staatliches Konzentrationslager" der Berliner Polizei genutzt, wo 1200 politische Gefangene misshandelt und gefoltert wurden. 1934 wurde das Konzentrationslager wieder in ein  Zuchthaus umgewandelt. 

Am 30.Januar 1945 ließ der SS-Hauptsturmführer Wilhelm Nickel, kurz vor Eintreffen der Roten Armee dort 800 Gefangene erschießen. Nur drei Gefangene überlebten das Massaker.  

Heute befindet sich dort das Martyriumsmuseum Sonnenburg (Muzeum Martyrologii w Słońsku). (1)

Zurück zu Wilhelm Voigt.  In seiner Gerichtsverhandlung zu seiner Köpenickiade  gab er auf Befragen des Vorsitzenden, Landgerichtsdirektors Dietz, zu seinen militärischen Kenntnissen folgendes an: 

Er sei seiner Bestrafungen wegen nicht Soldat gewesen. Seine Eltern haben in Tilsit gegenüber der Dragonerkaserne gewohnt. Sein Vater, ein Schuhmachermeister, bei dem er das Schuhmacherhandwerk erlernt, habe viel für die Offiziere und Mannschaften gearbeitet. Er hatte daher Gelegenheit, viel in der Kaserne zu verkehren; dadurch habe er alle militärischen Kommandos kennen gelernt. (2)


Quellen: 

1  https://www.memorialmuseums.org/memorialmuseum/martyriumsmuseum-sonnenburg

2  Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1.  Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 141.


Ende Teil 2

Montag, 5. Mai 2025

Der Hauptmann von Köpenick (1)

 Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich ein Freund alter Filme bin? 

Gestern habe ich mir den Hauptmann von Köpenick angeschaut und zwar die Verfilmung von 1931, die auf dem Theaterstück von Carl Zuckmayer basiert. 

Zu diesen Zeitpunkt gab es meines Wissens bereits vier Spielfilme und eine Dokumentation über den Hauptmann. 

Carl Zuckmayer brachte den Stoff 1931 unter dem Titel "Der Hauptmann von Köpenick. Ein deutsches Märchen." heraus. Das Stück wurde am 05. März 1931 am Deutschen Theater Berlin uraufgeführt und war ein großer Erfolg. 

Noch im gleichen Jahr wurde es erstmalig verfilmt.

Regie führte Richard Oswald, der auch Produzent des Filmes war. Die Uraufführung fand am 22. Dezember 1931 statt.

1933, nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden Zuckmayers Stücke verboten. Carl Zuckmayer, der im 1.Weltkrieg ein hochdekorierter Soldat war, hatte jüdische Vorfahren und musste aus Deutschland fliehen. 

Ebenso Richard Oswald, der als Jude nach Amerika emigrierte. 1941 verfilmte er das Stück dort erneut unter dem Titel " I was a Criminal". Der Film erschien 1945 und wurde auch unter den Titeln "Passport to Heaven" und "The Captain from Köpenick" aufgeführt. 

Am bekanntesten dürfte die Verfilmung von 1956 mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle sein. Die gefällt mir übrigens persönlich am besten.  

Es folgt ein Fernsehfilm von 1960, mit Rudolf Platte, und ein weiterer Film von 1997 mit Harald Juhnke in der Titelrolle. 

Es soll noch Bühnenverfilmungen von 2001 und 2005 geben, die ich beide noch nicht gesehen habe. 

Warum ich das alles erwähne? Die Geschichte vom Hauptmann von Köpenick beruht auf einer wahren Begebenheit und sie ist so gut, dass sie einfach immer wieder erzählt werden muss.

Wer sie nicht kennt, dem empfehle ich einfach mal eine der Verfilmungen zu schauen. Zuckmayer erlaubte sich bei seinem Stück allerdings eine gute Portion dichterische Freiheit. 

Und hierzu erzähle ich nun ein bisschen. 

Der "Hauptmann" in unserer Geschichte hieß Friedrich Wilhelm Voigt. Er wurde als Sohn eines Schusters, am 13. Februar 1849 in Tilsit (heute Sowetsk in Kaliningrad) geboren. 

Voigt schloss eine Schusterlehre ab und ging als Geselle auf Wanderschaft. 

Aber bereits im Alter von 14 Jahren wurde er das erste Mal wegen eines Diebstahls zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt. Es folgen weitere Strafen wegen Diebstahl und Urkundenfälschung. 

1906 gibt er sich als Hauptmann aus, unterstellt einen Trupp Soldaten seinen Befehl, verhaftet den Bürgermeister von Köpenick und "beschlagnahmt" die Stadtkasse.  



Wilhelm Voigt - Lichtbilder aus der Strafakte


Der Film beginnt mit der Entlassung Voigts, der übrigens von Max Adalbert gespielt wird,  aus der "Plötze", dem Königlich Preußische Strafgefängnis Plötzensee . 

Das Staatsgefängnis Plötzensee wurde zwischen 1868 und 1879 auf dem Gelände des Tegeler Forstes errichtet. Es bot Platz für bis zu 1400 Gefangene. Heute befindet sich auf dem Gelände die Justizvollzugsanstalt Plötzensee für 345 Gefangene. Teilweise werden die historischen Gebäude noch genutzt. 

Voigts Pass wird im Film zerrissen. Er erhält nur einen Entlassungsschein. 

In der Folge sucht er vergeblich nach Arbeit, wird aber abgelehnt, weil er Häftling war und nicht "gedient" hat. 

In der ersten Szene wird er dabei von seinen Kumpel "Kalle" verspottet "Arbeiten will er!" .

Bei Kalle handelt es sich um Paul Kallenberg, einen Komplizen und ehemaligen Zellengenossen Voigts.

Zwischendurch wechselt die Szene. Ein Hauptmann probiert seine frisch geschneiderte Uniform an. Die Uniform sitzt nach Meinung des Hauptmanns nicht richtig. Der Zuschneider widerspricht. Der Hoflieferant Adolph Wormser gibt sich aber unterwürfig und ihm recht. Die Uniform soll geändert werden. 

So beginnt die Geschichte der Uniform, die später von Wilhelm Voigt bei seinem Gaunerstück getragen wird. 

Offiziersuniformen kamen im Kaiserreich üblicherweise nicht aus der Kleiderkammer, sondern wurden nach Maß geschneidert.

Während der Anprobe erscheint auch Wilhelm Voigt in dem Geschäft und will nach Arbeit fragen, wird aber fort gejagt. 


Ende Teil 1


Samstag, 3. Mai 2025

Anmerkungen zur Currywurst



Heute gibt es mal nichts über Zwerge zu lesen. Gar nix! Auch nicht über Burgen. Heute geht es um die Wurst! Genauer gesagt um die Nationalspeise des Ruhrgebietes, die Currywurst.

Gestern habe ich mir nämlich mal wieder eine gegönnt.


(Symbolbild. Die von gestern habe ich nicht fotografiert)
 

Dazu konnte ich mir mal wieder den Spruch anhören, dass die Currywurst in Berlin erfunden wurde.

Als eingeborener Ruhrgebietler sag ich dazu jetzt mal: "Watt`n Kappes!"

Betrachten wir da Ganze mal geschichtlich. Sofern man das Bestreuen einer Wurst mit einer Gewürzmischung überhaupt als "Erfindung" bezeichnen möchte, stammt diese aus den 1940er Jahren. Die Gastronomin Herta Heuwer aus Berlin, die seit 1949 in Charlottenburg einen Imbissstand betrieb, soll dort eine Wurst mit Tomatensoße und Currypulver angeboten haben.
Allerdings soll der Duisburger Peter Hildebrandt bereits 1936 die Idee gehabt haben, Tomatensoße mit Currypulver zu würzen. 
Herta hat ihre "Erfindung" und die dazugehörige  Legende aber viel besser vermarktet, weshalb sie heute als die Erfinderin gilt.
Andere Gegenden, die die "Erfindung" für sich reklamieren, z.B. Hamburg, lasse ich hier mal weg.  

Aber lassen wir das Ganze mal beiseite. Wenn ich im Ruhrgebiet eine Currywurst an der Bude kaufe, bekomme ich eine ordentlich gegrillte, klein geschnittene, mit Tomatensoße bedeckte und mit Curry bestreute Bratwurst. 


In Berlin bekomme ich dagegen eine Brühwurst (Spandauer ohne Pelle) am Stück mit Currysoße. 
Also zwei völlig verschiedene Würste und überhaupt nicht vergleichbar. Mit der Currywurst im Ruhrpott hat die Herta aus Berlin also mal gar nichts zu tun! 


Die Berliner Variante ist aber, wenn man fleißig sucht auch im Ruhrpott zu finden. Sie wird dann gewöhnlich als "Berliner Currywurst" angeboten und von den einheimischen Kunden häufig durch einen Döner ersetzt. 

Hier im Ruhrgebiet, bekommt man, wenn man nur die Currywurst bestellt, ein Brötchen, oder ein Stück Toastbrot als Beilage.
Beliebt ist aber auch die Currywurst mit Pommes, oder aber Currywurst mit Pommes und Majo, auch als "Manta-Platte" oder "Schimansky-Teller" bezeichnet. 

Bei einen "Taxi-Teller" ist dann auch noch Gyros mit drin. Den soll einer Legende zufolge ein Essener Taxifahrer erfunden haben. Der tauchte mit ordentlich Hunger an einen Imbiss auf, der gerade geschlossen wurde und verlangte nach einen Gyrosteller. Da aber nicht mehr genug Fleisch vorhanden war, ließ er dieses mit einer Currywurst strecken. 
Beim "Taxi-Teller" gibt es allerdings auch Variationen.  Da könnte dann vereinzelt auch eine Frikadelle oder ein Schnitzel hineingeraten. Also sollte man sicherheitshalber vor der Bestellung nachfragen. 

In diesem Sinne:

"Haut rein!"